Die Ärzte bei Rock am Ring: Wahlkampf, Westerland, Wall of Death!
Die Ärzte hatten bei Rock am Ring eine ganz klare Botschaft: „Wählt bitte keine Arschlöcher!“
„Es geht nicht ohne dich“ – bereits am Merch-Stand verdeutlichen Die Ärzte, warum ihr Auftritt an diesem Wochenende ein besonderer ist: Die anstehende Europawahl am Sonntag (9. Juni) hat großen Einfluss auf den künftigen politischen Kurs der EU. Der „Demokratie“-Slogan hat es daher auch auf ein Shirt der Berliner geschafft. „Ich bin so stolz auf euch – ihr habt alle Briefwahl gemacht, oder?“, lobt Farin Urlaub die sich dicht an dicht drängenden Zuschauer vor der Utopia Stage, die nach dem ebenso politischen Opener „Deine Schuld“ und der Fan-Hymne „Ein Lied für dich“ kurz Luft schnappen. Denn schließlich werden jene, die keine Tagestickets gekauft haben, auch den Wahlsonntag auf dem Infield verbringen.
„Ladies and Gentlemen and everyone in between – wir sind die beste Band der Welt! Wir wünschten, es wäre anders“, begrüßt auch Bela B. die wogende Menschenmasse vor ihm, die sich bis weit hinter zum Riesenrad noch für eine La-Ola begeistern lässt – oder wie es Die Ärzte nennen: „alten Scheiß aus den Achtzigern.“ Mit „Doof“ schiebt Bela nach dem All-Time-Favorite „Hurra“ gleich ein weiteres Statement nach: „Wählt bitte keine Arschlöcher!“
„Ich soll mit einem Nazi reden / Verständnis gibt’s erstmal für jeden / Jetzt sag‘ mir nur noch irgendwer, warum?“
Kurz darauf werden Nazis auch die Freuden des Sommers aberkannt („Ein Sommer nur für mich“) – mit Humor gegen Hass und Hetze, dafür standen Die Ärzte schon immer, heute scheint die Botschaft hinter den Scherzen aber dringlicher denn je.
Die Ärzte: Dieser Song ist „scheiße wichtig“
„Hey Rod, auch du weißt hoffentlich: Es geht nicht ohne dich“, amüsiert sich Farin nach „Demokratie“, dem Song, von dem mittlerweile hinlänglich bekannt ist, dass der Ärzte-Bassist den Text nicht recht leiden kann. Leider sei der Song jedoch aktuell „scheiße wichtig“ und habe daher im Set nicht fehlen dürfen. Als kleines Versöhnungsstück gab es daher wohl auch im Anschluss „BGS“ zu hören – ein Cover von The Buttocks, das Fans von „5, 6, 7, 8 – Bullenstaat!“ kennen und bei dessen Textzeile „Hängt die Bullen auf und röstet ihre Schwänze“ auch Farin kopfschüttelnd in Lachen ausbricht.
„Eine perfekte Welt mit den Ärzten ist nicht möglich, wir können aber einfach zufrieden sein“, sinniert Bela. Er ist „zufrieden mit Farin“, obwohl dieser inzwischen aufgrund der frischen Temperaturen einen Schal auf der Bühne trägt. Und er ist „zufrieden mit Rod“, der unter seinem roten Anzug auch rot ist, ich hab nichts zu meckern“.
Nach dem Publikumsliebling „Unrockbar“ branden „FCK AFD“-Rufe auf: „Höcke, siehst du das?“ Was folgt ist der Song, der Rechtspopulisten und Nazis so gar nicht gefällt: Bei „Schrei nach Liebe“ brüllen sich drei Berliner und Zehntausende vor der Bühne ihre Wut von der Seele. Die Zugabe nach knapp zwei Stunden bilden schließlich „Der Graf“, „Rebell“ sowie „Der lustige Astronaut“ und „Junge“ – bei Letzterem moniert Farin die drei schwächlichen Circle Pits vor ihm und steuert noch spontan mit dem Anzetteln einer massiven Wall of Death gegen. Den großen Mitsingmoment zum Schluss bildet „Westerland“, in dem schon früher thematisiert wurde, dass Sylt das Mekka der Blöden ist: „Wie ich zu meiner Bestürzung lesen musste, hat der folgende Song ungeahnte Aktualität, auf der Insel wohnen echt viele Arschlöcher“.
Der Freitag bei Rock am Ring – die Highlights von Tag 1
Der Freitag bei Rock am Ring startete mit Sonnenschein und Top-Stimmung. Ein crowdsurfender Jesus, Betontod legen ein Polizeiauto aufs Dach, Wargasm und Scene Queen hebeln das Altherrenrock-Image des Festivals aus – unsere Eindrücke vom ersten Festivaltag gibt es in der Galerie sowie im Video.