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Die 60 wichtigsten Konzerte aller Zeiten – Teil 1
Die allerallerallerwichtigsten Auftritte, chronologisch geordnet. Los geht's mit Elvis 1956.
Elvis Presley
The Milton Berle Show
5. Juni 1956
Eigentlich war es nur eine harmlose Fernsehsendung. Elvis Presley war schon am 3. April 1956 zu Gast in der "Milton Berle Show" gewesen, es gab keine Probleme - er sang drei Lieder, die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Doch am 5. Juni war plötzlich alles anders. Es war der Abend von "Elvis The Pelvis". Während "Hound Dog" fing der Sänger langsam an, seine Hüften kreisen zu lassen. So viel Sinnlichkeit, so viel Sex: So einen Auftritt hatte Amerika noch nicht gesehen ...
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Michael Ochs Archives/Getty Images.
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Elvis Presley
The Milton Berle Show
5. Juni 1956
Eigentlich war es nur eine harmlose Fernsehsendung. Elvis Presley war schon am 3. April 1956 zu Gast in der „Milton Berle Show“ gewesen, es gab keine Probleme – er sang drei Lieder, die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Doch am 5. Juni war plötzlich alles anders. Es war der Abend von „Elvis The Pelvis“. Während „Hound Dog“ fing der Sänger langsam an, seine Hüften kreisen zu lassen. So viel Sinnlichkeit, so viel Sex: So einen Auftritt hatte Amerika noch nicht gesehen …
Copyright: CBS/CBS Photo Archive
Elvis verkörperte an diesem Abend alles, was Rock’n’Roll auch in den kommenden Jahrzehnten ausmachen würde: Energie, Lebenslust, Rebellion. Teenager gerieten in Verzückung, die Kirche war empört, die Presse größtenteils auch. „Vulgär und animalisch“ nannten sie den Auftritt, aber Presley war sich keiner Schuld bewusst: „Ich habe doch nichts falsch gemacht“, gab er kurze Zeit später sichtlich verwirrt zu Protokoll. Er hatte sich nur treiben lassen von der Macht der Musik …
Copyright: CBS/CBS Photo Archive
The Quarry Men
St. Peter’s Church Fete, Liverpool
6. Juli 1957
Die wichtigste Begegnung für die Zukunft des Pop fand nicht in London oder New York statt, nicht in einem dunklen Club oder einem Plattenfirmenbüro, sondern an einem schönen Samstagnachmittag im Sommer 1957 beim Kirchweihfest im Liverpooler Vorort Woolton. Die Skiffle-Gruppe The Quarry Men spielte zwei Konzerte im Garten der St. Peter’s Church, unweit des Friedhofs, auf dem eine gewisse Eleanor Rigby begraben liegt. Ein 15-jähriger Junge aus Allerton hatte ihnen mit offenem Mund zugehört. Vor allem der schon leicht angetrunkene Sänger hatte großen Eindruck auf ihn gemacht …
Copyright: Beatlesource/Geoff Rhind
Er konnte zwar die Refrains der meisten Stücke, doch die Strophen dachte er sich aus, während er sie sang. Als die Band sich abends gegen halb sieben in die St. Peter’s Hall zurückzog, um sich für das abendliche Tanzvergnügen zu rüsten, kam es zur Begegnung zwischen dem Sänger John Lennon und seinem Bewunderer Paul McCartney. Und zwei Minuten später hatten sich die Rollen umgekehrt, McCartney spielte linkshändig auf einer Rechtshändergitarre Eddie Cochrans „Twenty Flight Rock“, Lennon lauschte tief beeindruckt.
Copyright: Beatlesource/James Davis
Chuck Berry
Newport Jazz Festival
3. Juli 1958
Angeblich rauschte der Rock’n’Roll-Oberschlawiner im lila Cadillac in Rhode Island ein – und rüttelte gewaltig an der Sommerfrische-Ordnung, die in Newport damals herrschte …
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Vier Jahre nach der ersten, von Rassisten attackierten Ausgabe des fast nur von afroamerikanischen Musikern bespielten Festivals zogen sich schon neue Gräben durchs Publikum: saturierte Jazzhörer gegen wilde Tollenträger, die ihre Hips schüttelten, als Berry die Bühne einnahm. Die konsternierten Gesichter seiner mit Posaunen und Klarinetten bewaffneten Begleitmusiker sagten alles.
Copyright: Redferns/Charlie Gillett Collection
Buddy Holly
National Guard Armory, Duluth
31. Januar 1959
Die Crickets hatte er hinter sich gelassen, im Winter 1959 war Buddy Holly als Solokünstler unterwegs – und nicht gerade glücklich. Sein Tourbus gefiel ihm nicht, die meisten Kleinstädte ebensowenig. Mit dem Publikum redete er eher wenig, was allerdings egal war, weil das sowieso nur seine Hits hören wollte, und die spielte er alle, routiniert und energisch. Für einen 25-Jährigen hatte er schon ein unfassbares Repertoire: „Peggy Sue“, „Rave On“, „That’ll Be The Day“ …
Copyright: Archive Photos/Archive Photos
Bob Dylan sah den Rock’n’Roll- Pionier in Duluth – und erlebte Hollys Fähigkeit, mit dem Publikum zu spielen, so intensiv, dass er den Abend nie vergaß. Zwei Tage später trat Buddy Holly im Surf Ballroom in Clear Lake, Iowa auf. Nach der „Winter Dance Party“ wollte er mit seinen Kollegen Ritchie Valens und The Big Bopper schnell nach Minnesota fliegen, er hatte die endlosen Überlandfahrten satt. Die Privatmaschine stürzte kurz nach dem Start ab. The day the music died.
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
The Rolling Stones
Marquee, London
12. Juli 1962
Zwei Monate bevor die Beatles ihre erste Single veröffentlichten, standen fünf Teenager auf der Bühne des Marquee: Keith Richards, Mick Jagger, und der unter dem Moniker Elmo James agierende Brian Jones hatten ihre gemeinsame Band erst wenige Tage zuvor in Rolling Stones getauft. Ihnen zur Seite standen der Schlagzeuger Tony Chapman sowie Dick Taylor am Bass. Die Stones spielten 16 Songs in 50 Minuten, die Reaktionen changierten zwischen Gemurmel und vereinzelten Buhrufen …
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Stones-Mentor Alexis Korner trat an jenem Abend zeitgleich mit Blues Incorporated im Jazz Club der „BBC“ auf. Nachteil: Jagger, damals bei Korner engagiert, durfte nicht mitkommen. Vorteil: Die Stones übernahmen Korners etatmäßigen Donnerstagabend im Marquee. Es waren die frühen Tage: Jagger, Jones und Richard hausten in einer erbärmlich ausgestatteten Bruchbude am Edith Grove. Bald darauf kamen Watts und Wyman, Giorgio Gomelski, Andrew Loog Oldham und der ganze Rest. Begonnen hatte alles in jener Nacht im Marquee.
Copyright: Hulton Archive/George Wilkes Archive
James Brown
Apollo, New York City
24. Oktober 1962
Eine kalte Nacht mitten in der Kubakrise, das anspruchsvollste Publikum Harlems. Ein Kräftemessen zwischen Künstler und Crowd. Aber James Brown war in teuflischer Form: Damals spielte er rund 300 Konzerte im Jahr, hatte seine Band unter eiserner Fuchtel, war ein Meister der Dramaturgie, der getanzten Explosionen, retardierenden Elemente …
Copyright: Hulton Archive/Walter Iooss Jr
Wie er das Publikum in „Lost Someone“ zehn Minuten lang auf die Folter spannt, es umschmeichelt und von hinten provoziert, bis eine Zuhörerin sich sogar zum Verbalduell mit ihm hinreißen lässt – das ist bis heute einzigartig in seiner illusionären Kraft. Die Bedeutung bekam dieser Auftritt durch die von Brown selbst finanzierte Liveaufnahme, die als LP bis auf Platz 2 der US-Popcharts kam: bis dahin undenkbar für eine derart rohe R’n’B-Platte.
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Motortown Revue
Apollo, New York City
Dezember 1962
Wenn man 1962 schwarz war und eine Platte veröffentlichte, wurde sie automatisch als Rhythm’n’Blues kategorisiert. Ein Weißer konnte den gleichen Song einspielen, exakt genauso arrangiert und würde trotzdem als Pop wahrgenommen. Deshalb startete Berry Gordy in diesem Jahr seine legendäre Motortown Revue – es ging um ein möglichst großes Stück aus der Sahnetorte des Pop …
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Die kommenden Stars des Labels machten auch im New Yorker Apollo Station: Die glamourösen Supremes, der Verführer Marvin Gaye, The Miracles und The Marvelettes waren dabei, aber auch weniger bekannte Acts wie Kim Weston oder The Originals. Der kleine Stevie Wonder war schon damals der Publikumsliebling. Mit „Fingertips Part 2“ landete der Zwölfjährige im folgenden Jahr den ersten Nummer-eins-Hit.
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Bob Dylan
Newport Folk Festival
25. Juli 1965
Es waren nicht die elektrische Gitarre oder die Blues Band, nicht die enorme Lautstärke oder die Lederjacke des Sängers, es waren nicht die Kürze des Auftritts oder der Inhalt der Songs, die die Leute beim Auftritt von Bob Dylan und der Paul Butterfield Blues Band beim Newport Folk Festival in Rage versetzten. Es war die Haltung, die hinter all dem steckte. „I ain’t gonna work on Maggie’s farm no more“, sang Dylan zu Mike Bloomfields mächtigen Riffs und deutete den alten Folksong „Down On Penny’s Farm“ zur eigenen Unabhängigkeitserklärung um …
Copyright: Hulton Archive/Rowland Scherman
Er ging nicht länger vom Kollektiv aus, sondern von sich selbst, dem entfremdeten Individuum, „with no direction home, in the complete unknown“. Und doch scheint sich die gesamte Geschichte der populären Musik in dieser Performance zu verdichten: die Wucht von Charley Pattons Auftritten in den Zwanzigern, der Wahnsinn von Dock Boggs, die Marsexpeditionen des David Bowie und die Anarchie des Punk. Um die Menge zu besänftigen, kam Dylan zur Zugabe noch einmal allein mit der akustischen Gitarre zurück. Doch er kam nicht als Protestsänger oder Klassensprecher einer Generation, er kam, um zu zeigen, dass er nun ein anderer war.
Copyright: Hulton Archive/National Archives
The Beatles im
Shea Stadium, New York City, am
15. August 1965
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Die bandeigenen state-of-the-art 100-Watt-Verstärker reichten für die Beschallung des weiten Runds nicht aus, doch auch die Stadion-Sprechanlage war überfordert. Der Geräuschpegel war enorm. Mädchen kreischten, weinten, wurden ohnmächtig weggetragen. Gegen diesen Tumult muss die Uraufführung von „Le sacre du printemps“ ein beschaulicher Liederabend gewesen sein. Georges Augen wurden angstweit, Paul genoss den Trubel, Ringo blieb stoisch, John richtete Dada-Monologe ans Publikum, bearbeitete seine Orgel mit den Ellenbogen und lachte irre. Aus dieser surrealen Szenerie wurde der Stadionrock geboren.
Copyright: SSPL/Science & Society Picture Library
The Velvet Underground
The Dom, New York City
April 1966
Im April 1966 mietete Andy Warhol für einen Monat eine polnische Tanzhalle im heruntergekommenen East Village. Mitarbeiter der Factory strichen alle Wände komplett weiß, an die Decke hängten sie einen drehbaren Spiegelball. Unzählige Scheinwerfer und Stroboskope wurden im Raum verteilt, zehn Filmprojektoren und Dia-Projektoren in Stellung gebracht. The Velvet Underground waren die Hausband dieses temporären Kunst-Clubs, das Konzept eine Weiterentwicklung von Warhols The-Exploding- Plastic-Inevitable-Spektakel …
Copyright: Redferns/Adam Ritchie
Wann genau das Spektakel begann, weiß heute keiner mehr: Der Spiegelball schickte irgendwann seine tausend Lichter durch den Raum, die Projektoren erwachten zum Leben und immer mehr Factory-Filme liefen neben- und übereinander. Drei Plattenspieler, auf denen Verschiedenes lief, sorgten für eine bizarre Kakophonie. The Velvet Underground und Nico, die zwei Sets pro Abend spielten, passten perfekt dazu. Gebadet in Licht, gekleidet in Schwarz, versteckt hinter dunklen Sonnenbrillen produzierte die Band ein noch nie gehörtes Dröhnen – unnahbar, gewalttätig, aber von eigenwilliger Schönheit.
Copyright: Redferns/Mick Gold
The Doors
Whisky A Go-Go, Los Angeles
23. Mai 1966
Am 23. Mai begannen die Doors ihr Engagement als „Hausband“ des Whisky, keine drei Monate später sah sie Elektra-Chef Jac Holzman, eine Woche später hatten sie den Plattenvertrag, flogen dann aber aus dem Club am Sunset Strip raus, weil Jim Morrison die berühmte Ödipus-Passage in „The End“ einbaute …
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Einer von vielen Abenden, an denen er das Publikum herausforderte – mit einer Mischung aus Obszönität und Intellekt, manchmal auch mit purem Irrsinn, beflügelt von Drogen und Alkohol. Damals war das noch faszinierend.
Copyright: Hulton Archive/Photoshot
Pink Floyd/ The Soft Machine
Roundhouse, London
15. Oktober 1966
Die Launch-Party des Magazins „International Times“ fand in einer ehemaligen Werkstatt für Lokomotiven in Camden statt. The Roundhouse hieß das von innen unwirtlich feuchte, dunkle und kalte Gemäuer, das man seitdem als eine Art Stonehenge der Psychedelia kennt …
Copyright: Redferns/Adam Ritchie
The Soft Machine – mit einem Gastauftritt von Yoko Ono – und Pink Floyd begleiteten die orgiastische Anarchie musikalisch. Unter den Partygästen waren Michelangelo Antonioni, Paul McCartney und Marianne Faithful. Das brachte genug Publicity, um am nächsten Tag auch die breite Öffentlichkeit von der neuen Avantgarde in Kenntnis zu setzen, die sich da gerade in der Stadt formierte.
Copyright: Redferns/Adam Ritchie
Johnny Cash
Folsom Prison
13. Januar 1968
Zehn Jahre nach seinem Auftritt in San Quentin beschloss Johnny Cash, noch einmal in den Knast zu gehen. Seine beste Zeit schien er hinter sich zu haben, doch im Folsom State Prison zu Kalifornien lief er wieder zur Höchstform auf …
Copyright: Hulton Archive/Hulton Archive
Ein bisher unveröffentlichtes Live-Album von Johnny Cash aus dem Jahr 1973 erscheint bald
Copyright: Archive Photos/Silver Screen Collection
Monterey Pop Festival
16. – 18. Juni 1967
Woodstock Music & Art Fair
15. – 17. August 1969
Altamont Free Concert
6. Dezember 1969
Der Sommer der Liebe dauerte bekanntlich zweieinhalb Jahre. Er spielte sich hauptsächlich unter freiem Himmel ab, und laut Volksmund war Monterey der Anfang, Woodstock der Höhepunkt, Altamont das Ende. Monterey: 50.000 Leute, traumhaft klug organisiert, Jimi Hendrix‘ brennende Gitarre in der Nacht.
Copyright: Redferns/GAB Archive
Woodstock: 500.000 Leute, die sich selbst organisierende Groovy-Stadt, Schlammcatchen, Schlagzeugsolo des Sommersprossigen von Santana. Altamont: 120.000 Leute, miese Trips und Motorradketten, ein Messermord direkt vor der Bühne, während die Stones ängstlich „Under My Thumb“ spielten. Die Grateful Dead waren (neben Jefferson Airplane) bei allen drei Festivals dabei: Im Monterey-Film fehlen sie, weil ihnen das Kinoprojekt zu kommerziell war, im Woodstock-Film auch, weil ihr Auftritt in die Hose ging. In Altamont traten sie dann gar nicht erst auf, weil ihnen der Gewaltgeruch vor Ort nicht gefiel. Derart gute Nasen funktionieren auch im Rausch des Sommers ganz gut.
Copyright: Redferns/GAB Archive
The Who
University Of Leeds
14. Februar 1970
Copyright: Archive Photos/Art Zelin
Dort genügten The Who sechs Stücke, um das Image als „in-yer-face rock band“ wieder geradezurücken und zugleich ihre musikalische Magie und Essenz auf den Punkt zu bringen. Ihr wahrhaft explosiver Stil kulminierte in einer 15 Minuten-Version von „My Generation“.
Copyright: WireImage/Chris Walter
George Harrison & Friends
The Concert For Bangladesh
1. August 1971
Mit „The Concert For Bangladesh“ erfand George Harrison das globale Gewissen des Pop. Ravi Shankar hatte ihm von der katastrophalen Lage der durch Krieg und Umweltkatastrophen notleidenden Bevölkerung seines Heimatlandes berichtet. Der zu der Zeit erfolgreichste Ex-Beatle begann sofort mit den Planungen eines Benefiz-Events. Die Bereitschaft seiner Musiker-Freunde, an diesen zwei Konzerten im Madison Square Garden teilzunehmen, war enorm …
Copyright: Redferns/GAB Archive
Die Öffentlichkeit hoffte gar auf eine Beatles-Reunion, doch McCartney sagte ab, Lennon verließ trotz Zusage zwei Tage vor dem Konzert die Stadt. Der Haussegen hing schief. Er hatte seinem alten Freund George versprochen, ohne Yoko aufzutreten. Der treue Ringo saß schließlich am Schlagzeug, Eric Clapton, Leon Russell und Billy Preston spielten in der Band und sogar der zurückgezogen in Woodstock lebende Bob Dylan erschien und spielte mit Beatle-Begleitung ein hübsches Set klassischer Songs. 24.341.850 Dollar und 51 Cent kamen für den guten Zweck zusammen.
Copyright: Hulton Archive/Keystone Features
Aretha Franklin
New Temple Missionary Baptist Church, L.A.
13. – 14. Januar 1972
Die Geschichte vom Mädchen aus dem Kirchenchor, das zum Popstar wurde, hören wir täglich. Dass eine der Gören tatsächlich ins Haus des Herrn zurückkehrt, ist selten – bei Aretha wunderte es weniger:
Copyright: Michael Ochs Archives/Leni Sinclair
Sie war schon eine Gospelgröße, bevor sie den ersten weltlichen Hit hatte. Protegiert vom Pastorenvater und dem legendären Reverend James Cleveland, der auch wieder am Piano saß, als sie im Wallekleid die Baptistenkirche einnahm, sich hinter die Holzkanzel klemmte und das Schönste von Jesus bis Marvin Gaye sang. Zwei historische Tage: Show und Gottesdienst, endgültig versöhnt.
Copyright: Hulton Archive/Walter Iooss Jr
David Bowie & The Spiders From Mars
Hammersmith Odeon, London
3. Juli 1973
Natürlich wird es immer die sogenannte „Farewell Speech“ bleiben, die man mit diesem Konzert in Verbindung bringt. Nach einer exzessiven eineinhalbjährigen Welt-Tournee trat der Sänger ans Mikrofon. Im Saal herrschte angespannte Stille …
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Drama-King Bowie rang nach Luft und sprach den entscheidenden Satz: „Not only is it the last show of the tour, but … it’s the last show that we’ll ever do – thank you.“ Danach: Kreischen, Bowie-Mania, „Rock’n’Roll Suicide“. Das Ziggy-Abschiedskonzert ist ein Mythos des Pop – kongenial festgehalten von Filmemacher D. A. Pennebaker, der später sagte, nie wieder habe er jemanden gesehen, der sein Publikum so im Griff hatte wie Bowie in jener Nacht.
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Led Zeppelin
Madison Square Garden, New York City
27. – 29. Juli 1973
Die überbordende Nachfrage, die der Rock’n’Roll für sich selbst geschaffen hatte, musste er nun auch bedienen. Wie keine Band vor ihnen symbolisierten Led Zeppelin den Massenappeal, der es einer Londoner Bluesgruppe erlaubte, am Ende einer zweimonatigen US-Tour ein Wochenende lang den Garden auszuverkaufen …
Copyright: Redferns/David Redfern
Insgesamt 60.000 Leute an drei Abenden, das war vermutlich irgendein Rekord, doch sinnlos gekreischt wurde kaum: Bei „Black Dog“ sang das Publikum höchst diszipliniert im Wechsel mit dem Einzelmenschen Robert Plant. Der sein blaues Bauchfrei-Hemd bei allen Shows tragen musste, um die continuity des Konzertfilms nicht zu stören.
Copyright: Redferns/David Redfern
Patti Smith
Max’s Kansas City, New York City
28. August 1974
Patti Smith hing gern mit Robert Mapplethorpe im Max’s herum – angeblich in der Hoffnung, dass Andy Warhol sie entdecken würde. Noch bevor ihr Debüt „Horses“ erschien, war sie zumindest in NYC schon so bekannt, dass eine auch nicht unwesentliche Band im August ’74 als ihre Vorgruppe fungierte: Television …
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Während die ein doch eher traditionelles Rockkonzert gaben, hatte Smith bereits ihre eigene Form gefunden: zwischen Poesie und Rock, zwischen Wortkaskaden und Gitarren war sie der unbestrittene Fokus – eine Frontfrau im wahrsten Sinn des Wortes.
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Bruce Springsteen
Hammersmith Odeon, London
18. November 1975
In jenem Sommer war „Born To Run“ erschienen; nun traten Springsteen und die E Street Band erstmals in Europa auf …
Copyright: Sony Music Archive/Tom Sheehan
Die Erwartungen wurden aufs Peinlichste befeuert, aber Springsteen blieb nichts schuldig: Er begann mit dem Erdbeben von „Thunder Road“ und steigerte sich dann langsam, um einen Witz zu variieren. Wollmützig stolperte Springsteen wie betrunken über die Bühne, stürzte sich in „Lost In The Flood“, „She’s The One“, „Backstreets“, schließlich „Jungleland“. London war überzeugt.
Copyright: Sony Music Archive/Tom Sheehan
Sex Pistols
Lesser Free Trade Hall, Manchester
4. Juni 1976
So viele haben behauptet, bei diesem nordenglischen Punk-Urknall dabei gewesen zu sein, dass der Journalist David Nolan nachrecherchierte: Zwischen 30 und 40 Personen waren im Saal, als die Pistols (ein halbes Jahr vor der berühmten Bill-Grundy-Show) auf Einladung der späteren Ur-Buzzcocks Pete Shelley und Howard Devoto spielten …
Copyright: Redferns/Paul Welsh
Darunter Morrissey, Mark E. Smith, der spätere Factory-Gründer Tony Wilson, die Hälfte der zukünftigen Joy Division. Malcolm McLaren hatte persönlich vor der Halle gestanden und Passanten hereingewunken. Dass so viele der Anwesenden hinterher wichtige Bands gründeten, ist allerdings kein Beweis für die Güte des Konzerts: Vielleicht dachten auch alle nur, sie könnten es besser.
Copyright: Redferns/Paul Welsh
George Clinton & Parliament Funkadelic
Summit, Houston
31. Oktober 1976
„Make my Funk the P-Funk!“ Schon seit 1970 arbeitete George Clinton an einer psychedelischen Variante des Genres, mit diesem Konzert begann der ganz große Erfolg …
Copyright: Michael Ochs Archives/Donaldson Collection
Im Mittelpunkt standen stets endlose Jams, trotzdem waren die Arrangements präzise. In Houston präsentierten sich Clintons Truppen als notgelandete Aliens, in Kostümen, die unerreicht sind: Glitzernde XXL-Capes, Sonnenbrillen in Sternform, turmhohe Plateauschuhe, Ballonmützen groß wie Schlafsäcke.
Copyright: Redferns/Richard E. Aaron
Mauerbaufestival
SO 36, Berlin
12. – 13. August 1978
So war der deutsche Punk: Man feierte die Eröffnung des SO 36 und den 17. Jahrestag des Mauerbaus praktischerweise zusammen. Zum ersten Mal wurde hier das Vakuum, das die Entthronung der alten Rock-Dinosaurier eröffnet hatte, mit neuen Inhalten gefüllt:
Copyright: Chris Hoffmann
die raffinierte Simplizität von S.Y.P.H., die roboterhafte Performance von Din-A-Testbild. Mittagspause gingen komplett in Blaumännern, mit Leiter und Schrubber auf die Bühne. Post-Punk hatte begonnen, alles schien möglich. Und später tauchte auch noch der leibhaftige David Bowie auf, Arm in Arm mit dem leibhaftigen Iggy Pop.
Copyright: Berliner Abendblatt
Neil Young
Cow Palace, San Francisco
22. Oktober 1978
Kapuzenmännlein, gigantische Verstärkertürme, Feedback-Gewitter und ein Mann in Weiß:
Copyright: Archive Photos/Kirk West
Neil Youngs „Rust Never Sleeps“-Tournee war so etwas wie Retro-Futurismus, eine Absage ans Hippietum und ein Gruß an den Punk. Hey, hey, my, my.
Copyright: Redferns/Richard E. Aaron
R.E.M.
St. Mary’s Episcopal Church, Athens
5. April 1980
Die Geburtsstunde einer der größten Bands der 80er- und 90er-Jahre: ein glücklicher Zufall. Vier College-Freunde probten eher unambitioniert vor sich hin, bis sie quasi zu ihrem ersten Auftritt gezwungen wurden. Der 21. Geburtstag einer Freundin sollte in einer abbruchreifen Kirche in Athens, Georgia gebührend gefeiert werden …
Copyright: WireImage/Chris Walter
Sie nannten sich Twisted Kites und spielten vor allem Coverversionen. Der Sänger war schüchtern, die Musiker noch charmant dillentantisch, aber offensichtlich hatten an diesem Abend alle so viel Spaß, dass eine Musikkarriere plötzlich möglich schien. Kurz darauf änderten sie ihren Namen in R.E.M.. Der Rest ist Geschichte.
Copyright: Michael Ochs Archives/Michael Ochs Archives
Ein Pop-Act nimmt sein Aufnahmestudio mit auf Konzertreise, und zur Sicherheit – falls einem mal schlecht wird – gleich noch vier Back-up-Automaten. Was Kraftwerk mit Videoleinwänden und Beamtenkrawatten abzogen, war aber keineswegs Technologie-Fetischismus. Den „Taschenrechner“-Song performten sie mit Spielzeug-Gadgets vorne am Bühnenrand, imitierten die Posen der Rocker und sagten damit: In Wahrheit sind die anderen doch auch nur Roboter.
Copyright: Hulton Archive/Shinko Music
Michael Jackson
Pasadena Civic Auditorium
25. März 1983
Sein königlichster Moment, obwohl er damals noch nicht König hieß. „Billie Jean“ war Nummer eins in den Pop- und R’n’B-Charts, als in Pasadena der 25. Geburtstag des Motown-Labels gefeiert wurde. Gründer Berry Gordy musste selbst vorsprechen, um Jackson zum Auftritt zu überreden:
Copyright: WireImage/Kevin Mazur
Der Künstler hatte Bedenken, ein gemeinsamer Slot mit seinen Brüdern könne die Aufmerksamkeit falsch verteilen. Die Solo-Performance, die man ihm zusicherte, presste dann wie ein Show-Diamant alle funkelnden Qualitäten Michael Jacksons zusammen. An den TV-Schirmen sahen rund 50 Millionen zu, Handschuh und Hemd blendeten, Astaire-Eleganz und Hip-Hop-Move kreuzten sich für fünf Minuten. Höhepunkt und technische Innovation: der Moonwalk. Dass der Gesang nur Playback war, tut nichts zur Sache.
Copyright: WireImage/Chris Walter
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