Die 250 besten Gitarristen aller Zeiten – Platz 5: Jeff Beck
Er wurde immer besser darin, die menschliche Stimme auf der Gitarre auf ungewöhnliche Weise zu interpretieren
Jeff Beck wollte nie ein Gitarrenheld sein. Er verließ die Yardbirds, löste die Jeff Beck Group auf (und lehnte einen Woodstock-Auftritt ab), und er ließ andere Bands im Sande verlaufen, bevor sie überhaupt berühmt wurden. Aber so sehr Beck den Ruhm auch ablehnte, er wollte immer noch Gitarre spielen. Seine Technik entwickelte sich rasch weiter, von der totalen Beherrschung des Blues bei den Yardbirds und der Jeff Beck Group bis hin zur Verwendung eines Wah-Wahs, um seine keifende Stratocaster auf dem Instrumentalstück „Beck’s Bolero“ zum Singen zu bringen.
Als ständiger Soundtüftler ließ sich Beck Mitte der siebziger Jahre von Jazz-Fusion inspirieren und konzentrierte sich auf Blow by Blow ganz auf die Gitarre. Auf diesem Instrumentalalbum zuckte er mit dem Whammy-Bar, warf Grace-Notes ab und verbog die Tonhöhen, um die Stimme der R&B-Sängerin Syreeta auf seinem Cover von „’Cause We’ve Ended As Lovers“ widerzuspiegeln.
Er wurde immer besser darin, die menschliche Stimme auf der Gitarre auf ungewöhnliche Weise zu interpretieren: der stechende Stolz seines Solos in „People Get Ready“, der schwebende, schimmernde Klang des fast weinenden „Nadia“, seine seufzenden und ohnmächtigen Interpretationen von „Over the Rainbow“ und „Nessun Dorma“. „Ich habe nie den großen Wurf gemacht, gnädigerweise wahrscheinlich“, sagte Beck 2018. „Wenn man sich umschaut und sieht, wer es groß geschafft hat, ist das ein wirklich mieser Ort, wenn man darüber nachdenkt. Vielleicht bin ich damit gesegnet, dass ich das nicht erlebt habe.“
Erinnerung an Jeff Beck: Heulendes Fingervibrato
Wenn Jeff Beck auch nie kommerzielle Erfolge á la Eric Clapton und Jimmy Page feierte, gilt er dennoch aufgrund seiner Pionierarbeit im Jazz-Rock, Fusion und der Progressive Guitar Music als kaum zu unterschätzende Kraft in der Rockmusik.
Für seine Instrumentals wurde er mehrfach mit dem Grammy Award ausgezeichnet. Beck spielte hauptsächlich ohne Plektrum, was zu einem seiner diversen Erkennungsmerkmale wurde.
Geoffrey Arnold „Jeff“ Beck wurde 1944 im englischen Wallington geboren und lernte anfänglich auf einer nur geliehenen Gitarre. Er versuchte auf unterschiedlichste Art und Weise, seine eigene Gitarre zu bauen. Als Teenager lernte er über seine Schwester Jimmy Page kennen, mit dem er später für kurze Zeit bei den Yardbirds spielte.
Während der frühen 1960er-Jahre verdiente Beck sein Geld als Session-Musiker, doch schon 1965 konnte er Eric Clapton bei The Yardbirds als Lead-Gitarrist ersetzen. Er experimentierte als einer der ersten Gitarristen mit diversen zusätzlichen Effekten und verhalf den Yardbirds dadurch zu ihrer kommerziell erfolgreichsten Zeit.
Mit den neuartigen Klängen gelang die Band mehrfach in die Hitparaden, unter anderem mit „Heart Full Of Soul“, „Still I’m Sad/Evil Hearted You“, „Shapes Of Things“ und „Over, Under, Sideways, Down“. Als Jimmy Page (später bei Led Zeppelin) hinzustieß, lieferte dieser zusammen mit Beck Ende 1966 ein kurzes Lead-Gitarren-Duo-Intermezzo, bevor Beck die Gruppe verließ.
Jeff Beck war immer ein Teamplayer
Sein eigenes Bandprojekt, die Jeff Beck Group, gründete Beck schon im Folgejahr. Sänger war ein gewisser Rod Stewart, der später auch als Solo-Künstler sehr erfolgreich wurde. Die Jeff Beck Group veröffentlichte zwei Alben, „Truth“ (1968) und „Beck-Ola“ (1969). Nachdem Stewart und Wood 1969 ausstiegen, startete Beck noch einen zweiten Versuch mit der Jeff Beck Group. Als dieser jedoch scheiterte, gründete er 1972 das hochkarätige Trio Beck, Bogert & Appice, das vorwiegend unter Kennern große Beachtung fand.
Im Folgenden brachte Beck nicht nur ein Jazz-orientiertes Solo-Album heraus, sondern fiel auch durch Kollaborationen mit anderen Künstlern auf, wie 1976 mit den Bands Wired und Upp.
2001 konnte Beck für den Song „Dirty Mind“ aus dem Album „You Had It Coming“ seinen dritten Grammy Award entgegenehmen. Er spielte darüber hinaus häufig als Gastmusiker, unter anderem für Bon Jovi und Roger Waters. Die Songs „Plan B“ (2003) und „Nessun Dorma“ (2010) wurden mit jeweils einem Grammy Award ausgezeichnet. In den letzten Monaten seines Lebens eroberte er mit seiner Zusammenarbeit mit Johnny Depp noch einmal ein neues Publikum.
Jeff Beck verstarb am 10. Januar 2023 an den Folgen einer bakteriellen Meningitis. Er wurde 78 Jahre alt.