Die 21jährige kanadische Songschreiberin Alanis Morisette legt ihr Debüt vor
Wenn du durch eine schwere Zeit gehst, merkst du oft erst hinterher; wie hart sie wirklich war“ – Jch bin froh, daß ich die dunkle Sehe meiner Persönlichkeit jetzt besser kenne, daß ich durch den Schmerz hindurchgegangen bin“ „Meine Songs sitzen im Unterbewußtsein, ich muß nur zulassen, daß sie herauskommen“: Sind das Zitate von Bulle Holiday? Oder zieht Joni Mitchell ihre Lebensbilanz?
Aber nein: Die Frau, die solchevon Weisheit durchdrungenen Statements abgibt, ist gerade 21 Jahre alt. Alanis Morisette rutscht noch nicht mal nervös auf dem Stuhl herum, wie es andere Mädchen in ihrem Alter vielleicht tun würden. Sie hat sich voll im Griff. In den konsequent zu großen Freak-Klamotten steckt eine Frau, die Selbstbewußtsein ausstrahlt.
In 21 Jahren hat Alanis Morisette mehr abgerissen, als es manche im doppelten Zeitraum schaffen. Kein Witz: Ihre erstes Album veröffentliche sie im Alter von zehn Jahren. Sie war aufgewachsen in der kleinen kanadischen Stadt Ottawa – „nicht gerade im Zentrum der Popmusik“ – und hatte ziemlich libertäre Eltern. Diese erste Platte hieß nicht etwa „Children’s Songs“ oder so ähnlich, sondern trug den Titel, „Fate Stay With Me“. „Das war damals noch sehr unbedarfter Pop“, sagt sie heute mit einem mild ironischen Lachen.
Irgendwann hatte Alanis von der Einöde genug und zog nach Toronto, „wo ich lausende von Songs schrieb“. Immer mehr kristallisierte sich eine Songschreiberin heraus, deren liebstes Thema das Schlachtfeld Liebe wurde.
Sie veröffentlichte in Kanada noch zwei Platten, bevor sie sich stark genug fühlte, nach Los Angeles umzuziehen. „Dort hatte ich erstmals große Probleme“, sagt sie. „In LA. reicht es nicht, wenn du gut bist – du mußt es auch jedem erzählen, damit er es kapiert“ Immerhin kapierte bald eine gewisse Madonna Ciccone, daß die frühreife Kanadierin etwas zu sagen hatte und nahm Alanis Morisette für ihr „Maverick“-Label unter Vertrag. „Madonna erinnert mich an eine Schulfreundin“, meint Morisette zu ihrer Label-Chefin. „Wir haben zusammen gekichert.“
Das Album „Jagged Little Pill“ wurde im Hauruck-Verfahren aufgenommen und strahlt nicht zuletzt deswegen soviel Energie aus: In ihren Texten wirft die Sängerin ein paar Ex-Lover an die Wand und verbreitet allerlei Sarkasmus, ohne je wirklich zynisch zu werden. „Meine Grundeinstellung ist positiv“, sagt sie. „Ich liebe Nirvana und Soundgarden, aber meine Songs sollen doch ein bißchen lebensbejahender sein.“ Trotz ihres klassischen Folk-Rock ist Alanis Morisette offen für andere Einflüsse – HipHop-Beats tun in einigen Stücken gute Dienste.
Zum Schluß gibt Alanis eine weitere superreife Antwort: „In Hinsicht auf meine innere Entwicklung ist das meine erste Platte.“