Die 100 besten Musiker aller Zeiten: The Kinks – Essay von Peter Buck
Ich bin erstaunt, wie gut Kinks-Platten noch immer klingen – auch wenn man bei genauerem Hinhören feststellt, dass im Detail eigentlich wenig passiert.
Auf meinem iPod habe ich so ziemlich jede Note, die die Kinks je aufgenommen haben, zumindest bis 1980. Die Kinks waren meines Wissens die einzige große 60s-Band, die nicht auf den psychedelischen Zug aufsprang, die sich nicht auf den seltsamen Murks einließ, der zeitweise in Mode war. Während seine Zeitgenossen Songzyklen über östlichen Mystizismus vertonten, schrieb Ray Davies über Sozialwohnungen in einer englischen Vorstadt. Er beschäftigte sich mit Dingen, die ihm am Herzen lagen. Er erfand seine kleine Welt und füllte sie mit Leben. Und in dieser Welt trug man nicht Nehru-Jacken, rauchte kein Pot und machte auch keine ganztägigen Jamsessions.
Als ich 1971 zum ersten Mal „Village Green Preservation Society“ hörte, stellte ich mir das typische Leben in einer britischen Kleinstadt vor: Parkanlagen, Bier vom Fass… Als wir 1985 mit R.E.M. nach England kamen, machte ich einen Trip durch Muswell Hills – und es war alles andere als romantisch. Ich hatte mir ein Postkartenidyll ausgemalt, aber es war in Wahrheit ziemlich runtergekommen. Und dann wurde mir klar, dass all diese Songs Rays Fantasie entsprangen, dass er ein England verewigen wollte, das längst in Auflösung begriffen war. Kein Wunder, dass viel Tristesse in diesen Songs mitschwingt.
Ich bin erstaunt, wie gut Kinks-Platten noch immer klingen – auch wenn man bei genauerem Hinhören feststellt, dass im Detail eigentlich wenig passiert. „Village Green“ ist das beste Beispiel: Anders als die meisten Platten aus dieser Zeit ist die Aufnahme nicht mit allen erdenklichen Instrumenten überladen. Und trotzdem sind die Songs wunderbar arrangiert. „You Really Got Me“ schrieb Ray am Klavier und gab den Song dann seinem Bruder Dave, der daraus eine wüste Gitarrenorgie machte.
„Man nannte es nicht Heavy Metal, als ich es erfand“
Ich las einmal ein Interview, in dem Dave gefragt wurde, ob die Kinks in den Achtzigern eine Heavy-Metal-Band geworden seien. Er sagte: „Man nannte es nicht Heavy Metal, als ich es erfand.“
Die Kinks haben den Hintereingang der Rockgeschichte genommen. All diese wundervollen Alben, über die wir heute reden – „Face To Face“, „Something Else By The Kinks“, „Village Green“ – waren in den Sixties Ladenhüter. Aber diejenigen unter uns, die diese Platten lieben, lieben sie schon seit Jahrzehnten.