Devon Allman und seine außerfamiliären Affären
Der Sohn von Southern-Rock-Ikone Gregg Allman wagt solo erstmalig den Sprung in entlegenere Genre-Gewässer.
Als Spross einer Musikerlegende hat man es nicht immer leicht, sich zwischen Fußstapfen-Folge und neuen Pfaden den eigenen Weg zu bahnen. Davon kann auch Devon Allman, Abkömmling des The-Allman-Brothers-Band-Sängers und -Organisten Gregg Allman, ein Lied singen, der die Blues-Rock-Berufung und eine ähnliche sonore Stimme wie der Senior in die Wiege gelegt bekommen hat.
Während Devon Allman nach dem Tod seines Vaters 2017 zuletzt vor allem im Verbund mit Duane Betts, seinerseits Sohn des Allman-Brothers-Band-Gitarristen Dickey Betts, im Rahmen ihres gemeinsamen Gruppenprojekts, The Allman Betts Band, Southern-Rock-Familien-Traditionspflege betrieben hatte, liegt sein letztes Solo-Album schon acht Jahre zurück. Ein Umstand, den „Miami Moon“ nun ändern wird. Selbst wenn Allman bezüglich der Veröffentlichung seines vierten und stilistisch etwas anders gelagerten Solowerks zwischenzeitlich fast kalte Füße bekommen hätte. „Wir haben „Miami Moon“ bereits 2022 fertiggestellt. Aber als ich mir das komplette Album dann anhörte, war meine erste Reaktion, es lieber unter Verschluss zu halten. Es klang nicht nach dem, was die Fans gewohnt sind. Dies ist keine Gitarren-Blues-Rock-Platte und hört sich auch nach nicht nach den Sachen an, für die die Allman-Familie bekannt ist. Das hat mich so beschäftigt, dass ich das Album zunächst ein Jahr ruhen ließ“, teilt der Sänger und Gitarrist seine ursprünglichen Bedenken mit. Bedenken, die sich hinsichtlich der musikalischen Qualitäten der Platte jedoch als völlig unberechtigt erwiesen haben.
Mit der Unterstützung von superben Session-Spielern wie George Porter Jr. (Bass, The Meters), Ivan Neville (Keyboards, The X-Pensive Winos), Adam Deitch (Schlagzeug, Lettuce), Karl Denson (Saxophon, The Rolling Stones) sowie Jackson Stokes (Gitarre) aufgenommen, frönt Allman auf „Miami Moon“ seinem Soul- und Funk-Faible und beruft sich auf Curtis Mayfield, Steely Dan, Nile Rodgers, The Cure sowie Santana. Pastelltöne, Neon-Discolicht und Eskapismus-Fantasien inklusive. „Der Bass ist die treibende Kraft hinter dieser Musik. Auch The Cure, eine meiner ewigen Lieblingsbands, haben in ihren Songs immer diese drückenden Bassläufe“, erläutert Allman, der seine Gitarre diesmal gegen den 4-Saiter eingetauscht und das den Groove-Gesetzen gehorchende Songmaterial zum ersten Mal ausschließlich auf dem Bass geschrieben hat.
Den adäquaten Aufnahmeort für das authentisch analog auf Band gebannte Album fand man schließlich in den Criteria Studios in Miami/Florida, wo schon – noch unter Beteiligung von Onkel Duane Allman – sowohl Derek And The Dominos „Layla and Other Assorted Love Songs“ (1970) als auch nur kurz Zeit später „Eat A Peach“ von der Allmann Brothers Band entstanden sind. „Beim Abhören der Songs vor Ort realisierte ich, dass schon mein Vater hier gesessen und damals den Tönen von ‚Melissa‘ gelauscht hat. Das kann man nicht ausblenden“, sagt Allman, beteuert aber im Nachsatz auch, dass solch geballte rock- und familienhistorische Gewichtigkeit ansonsten keine tragende oder überschattende Rolle bei den Sessions gespielt habe. Kubanisches Essen, sommerliche Vibes und synästhetische Assoziationen hingegen schon.
„Ich sehe meine Alben stets in Farben“, verrät Allman, „Insofern habe ich diese Platte ganz klar als pink empfunden. Es ist eine pinke, sexy Platte, zu der – so hoffe ich – viel getanzt, Party gemacht wird und Babys gezeugt werden“, gibt der Sänger mit verschmitztem Grinsen seine Barry-White-Fantasien zu Protokoll.
Dass der 51-Jährige neben Funk, Soul und Jazz eben auch eine Vorliebe für Heavy Metal hegt, ist für ihn nichts, wofür er sich bislang rechtfertigen musste. „Ich habe Iron Maiden, Metallica und Slayer in meiner Jugend entdeckt und höre sie im Flieger oder beim Sport immer noch gerne. Heavy Metal hat mich viel über die Kunst des Bühnenentertainments gelernt. Eine Prise aus dieser theatralischen Trickliste habe ich mir für meine Darbietung auch abgeguckt. Dennoch wird sicherlich in absehbarer Zeit kein Metal-Album von mir rauskommen“, beteuert Allman grienend und verspricht als Ausblick ein anders gelagertes Spektrum an Zukunftsmusik: Neben einem bereits finalisierten, vollwertigem Instrumental-Album und einer in Deutschland aufgenommenen Solo-Live-Platte steht demnächst auch noch wieder ein Blues-Album im Stil des Van-Morrison-Covers und „Miami Moon“-Schlusslicht-Ausreißers „You Gotta Make It Through The World“ auf dem Plan.