Devendra Banhart live in Berlin – Milde weht der Juliwind
Etwas Westcoast-Hippietum, ein wenig Latin-Rockabilly, eine Portion Situationskomik: Devendra Banhart bedient sein Publikum bei heißen Temperaturen mit Snippets aus seinen verschiedenen Gefühlslagen.
Auf Sommerkonzerten herrscht zuweilen eine nonchalante Lässigkeit gegenüber Musik und Band. Besonders, wenn draußen eine tropische Nacht bevorsteht und alles schwitzig-warm, easy und alles nicht soo wahnsinnig wichtig erscheint. Dazu kommt, dass der ausverkaufte Berliner Großclub Huxleys Neue Welt zu einem guten Drittel mit internationalen Szene-Touristen gefüllt ist, die ihren nachlässigen Flatterblusen-Sandalen-Style oder großflächige Tattoos vorführen. Man will was erleben. Ohne große Anstrengungen. Es wird heiter schwadroniert. Friedens-Demo-Atmosphäre in Neukölln.
Ein perfektes Szenario für den großen Entspannungs-Guru Devendra Banhart und seinen als Vorprogramm aufspielenden Gitarristen Rodrigo Amarante. Letzterer bedankt sich artig, dass seine Downtempo-Samba-Variationen milde beklatscht werden. „You are so kind“ mit einem weichen brasilianischen Akzent, um sogleich eine weitere melancholische Ballade zu kredenzen. Musik wie aus dem ökologisch korrekten Qualitätsurlaub. Mit ein wenig Unterstützung von Banharts Band schwelgt er noch ein letztes Mal in Gesangharmonien. Dann schwebt er im wohlwollenden Gemurmel des Publikums von der Bühne.
Bereits wenig später flackern die Scheinwerfer an der großen Lichttraverse. Sicheres Zeichen, dass der Haupt-Act bereit ist, und mit einem knappen „Guten Abend“ auf Deutsch steigt Banhart ohne großen Aufriss in sein neues Album „Mala“ ein. Mit mehr Groove und Wumms als sein Vormann. Doch gleichzeitig fernab von jedem Rock und Roll. Keine Aufregung, alles fließt. Überaus angenehm bei diesen Temperaturen. Mit seinen linkischen Tanzbewegungen gibt Banhart den Jonathan Richman für die flickr-Generation. Etwas Westcoast-Hippietum, ein wenig Latin-Rockabilly. Eine Portion Situationskomik, als er sich angesichts eines Werbebanners nach der kommenden Tattoo Convention im Huxleys erkundigt. Wohlwollendes Geraune aus deiner ersten Reihen, in das sich nahtlos sein Mini-Hit „Seahorse“ anfügt. In einem Video für die Sonnenbrillenfirma Oliver Peoples räkelt er sich mit Ex-Freundin Rebecca Schwartz zu seiner 2009er-Ballade „Brindo“ in einer kalifornischen Freiluft-Badewanne im Gegenlicht. Und kein Lüftchen weht.
Exakt diese Stimmung bedient Banhart auch im hochsommerlichen Huxleys. Vereinzelte Pärchen im Publikum wiegen und wogen herum wie Farne. Der große Rest badet in den milden Sounds. „Little Yellow Spider“, dazu drei Sologitarrenstücke. Dann kommt die Band noch einmal zurück und darf ein wenig Krach machen. Eine Zugabe – und schluss! Keinerlei Geraunze. Kein hysterisches Gekreische an diesem Abend, an dem neue und alte Songs bei Niedertemperatur liebevoll gegart wurden.