Der Wiener Video-Regisseur Rudi Dolezal über Freddie Mercurys Marotten und Manien sowie DoRo’s langjährige Zusammenarbeit mit Queen
Ende der 70er Jahre kreuzten sich erstmals unsere Wege, als unsere Produktionsfirma „DoRo“ primär Dokumentationen drehte und in diesem Rahmen auch ein Queen-Projekt plante. „Queen In Munich“ hieß das Resultat, später folgte dann das dreiteilige „Magic Years“, das die Jahre bis 1986 abdeckte. Das Video zu „One Vision“ von 1984 aber war die eigentliche Talentprobe, die Eintrittskarte zum Allerheiligsten. Queen hatten jahrelang erfolgreich mit dem Regisseur David Mallet zusammengearbeitet und davor schon, zu Anfang der 70er Jahre, mit „Bohemian Rhapsody“ das erste Video der Popgeschichte abgeliefert, das aufgrund seines technischen Niveaus diesen Namen wirklich verdient. Insofern war es für uns eine ungeheure Herausforderung, in diese Fußstapfen zu treten. Ich glaube, daß wir den Zuschlag deshalb bekamen, weil wir – anders als typische Video-Regisseure – durch unseren Background verschiedene „Ranges“ anbieten konnten: Wir konnten einen Underground-Look kreieren, wir konnten aber auch „die große, teure Produktion“ aus dem Zylinder zaubern. Dieses Spektrum war gerade für Queen so unheimlich wichtig, weil die Band visuelle Ideen in Hülle und Fülle hatte. Freddie, genauso wie Roger und Brian, war visuell extrem engagiert. Man konnte mit ihm über noch so banale Details sprechen. Da hieß es nie: Jungs, das macht Ihr schon!“ Bis in die kleinste Kamera-Einstellung hinein wollte Freddie involviert sein. Ich kann mich an Abende in seinem Wohnzimmer in Kensington erinnern, wo Freddie laufend neue Ideen entwickelte und am liebsten alle Rollen selbst gespielt hätte. Oder er sagte: „Du spielst jetzt mal den Baum und Du den Tänzer.“ Da war er in seinem Element, da sprühte er vor Ideen. Die Ausrede „Das geht nicht“ existierte in seinem Wortschatz nicht. Die Konzepte wurden ständig über Bord geworfen, und alles mußte noch am selben Tag passieren. Für „Süghtly Mad“ etwa wurde das bereits abgesegnete Konzept viermal umgeworfen. Als dann endlich alles in Butter war, fuhr ich in den Urlaub nach Kenia, und gerade als ich die Koffer auspacken will, ist Freddie am Telefon: „Ich habe eine noch viel bessere Idee! You have to come!“ Ich durfte mich dann, der Golf-Krieg hatte gerade angefangen, in eine fast leere „British Airways“-Maschine setzen und am nächsten Tag nach London fliegen. Alles mußte immer sofort passieren. Im Laufe der Jahre stellte sich zwischen uns ein Vertrauensverhältnis ein, wie wir es in dieser Form sonst nie erlebt haben. Ich erinnere mich zum Beispiel an den Video-Dreh zu „Breakthrough“: Freddie meinte, das Tempo des Songs verlange visuell nach einer Eisenbahn. Gedreht werden sollte ursprünglich in einem Filmstudio mit Back-Projektion und Windmaschine. Wir haben sie dann überzeugt, daß das einer Queen unwürdig sei; ein echter Zug müsse her. Wir haben dann eine stillgelegte Bahnstrecke außerhalb Londons angemietet, eine Lokomotive umgebaut, so daß die Band auf einer Plattform spielen konnte, Filmkräne angebracht – aber die Band hatte mörderische Angst: Die Aufnahmen bei 80 km/h seien vielleicht wundervoll realistisch, aber doch viel zu gefährlich. Letztendlich machten sie es dann doch – nicht ohne sich vorher mit einer Million Pfund bei „Lloyd’s“ zu versichern. Ich glaube, es sind im Laufe der Jahre mehr als 20 Videos geworden, die wir mit Queen gedreht haben, darunter „Friends Will Be Friends“, „The Miracle“, „Breakthrough“, „The Show Must Go On“ und „Innuendo“. Hinzu kamen noch die Videos zu Freddies Münchener Zeit und dem Solo-Album JMr. Bad Guy“. Zuletzt gefilmt haben wir ihn im „Duckhouse“ am Genfer See, jenem kleinen Holzhaus, das auf dem „Made In Heaven „-Cover zu sehen ist. In dieses Haus hatte er sich in seinen letzten Monaten zurückgezogen, von hier stammen die Eindrücke („It’s a beautiful view“), die er für seinen letzten Song „A Winter’s Tale“ verarbeitet hat, hier haben wir Freddie Mercury zum letzten Mal gefilmt DieüoRo-Dokumentation“Das Queen-Phänomen“ mit den letzten Bildern von Freddie Mercury wird am 25. November um 23.50 vom ZDF ausgestrahlt.