Der Teufel prägt Pumps
Hollywood achtet Schauspielerinnen über 40 - oder ist das nur ein Vorurteil?
Ich würde keinen Nickel ausgeben für diese alten Schachteln“, soll der greise Studio-Tyrann Jack L. Warner geknurrt haben, als Robert Aldrich 1962 für „Was geschah wirklich mit Baby Jane?“ die gestandenen Filmdiven Bette Davis und Joan Crawford engagierte. Davis, damals 58 und zweifache Oscar-Gewinnerin, gab eine Anzeige auf, in der sie gallig die Frustration vieler älterer Schauspielerinnen ausdrückte: „Mutter von drei Kindern, geschieden, 30 Jahre Erfahrung als Schauspielerin, sucht ständige Beschäftigung in Hollywood.“
Der Vorwurf, die Bosse in Hollywood würden Frauen spätestens jenseits der 40 missachten, ist heute noch aktuell. Mehr denn je werden Jugendlichkeit und Schönheit im multimedialen Zeitalter über Bilder postuliert. Wer Falten hat, erntet Mitleid, wer Botox benutzt, wird beschimpft. Letztlich aber lenken mit der vermeintlichen Diskriminierung vor allem verblassende Schönheiten davon ab, dass sie Opfer ihres lange erfolgreichen Images sind, dessen Halbwertzeit abgelaufen ist. Das Rampenlicht ist gnadenlos und Hollywood die Traumfabrik, keine Kunstwerkstatt. Sie produziert Stars, mögen die Regeln auch verächtlich sein.
Als „hätte ich Lepra“ nennt Sharon Stone, 49, diese Karrierephase. Ihren besten Moment hatte sie in „Basic Instinct“, als sie ohne Slip die Beine kreuzte.
Und es ist eher dumm als desperat, dass sie daran mit einer Fortsetzung anzuknüpfen versuchte, als wollte sie sich selbst ihres Sex-Appeals vergewissern. 1996 kassierte Demi Moore, heute 44, zwölf Millionen Dollar Gage für „Striptease“, nur um ihren makellosen Körper auszustellen. Nun beklagt sie, man biete ihr keine guten Rollen an, und erklärt gleichzeitig als Werbegesicht der Kosmetikfirma Helena Rubinstein: „Es ist eine Ehre, ihren Traum von Schönheit fortzuführen.“ Und für Melanie Griffith, 50, wettert Gatte Antonio Banderas gegen die „unfaire“ Praxis, es würde nur noch „frisches Fleisch“ bevorzugt. Das sind Statements aus dem Fegefeuer der Eitelkeit, ist Angst vor fehlender Aufmerksamkeit. Julianne Moore, 47, jammert nicht, sondern dreht exzellente Filme. Talent, Flexibilität und Mut zu unbequemen Rollen sind die beste Altersvorsorge.
Tatsächlich werden 78 Prozent der weiblichen Hauptrollen unter 40 besetzt. Spitzensportler treten aber auch irgendwann zurück. Und Banderas ist mit 47 zudem ein Beispiel dafür, dass es Männern nicht immer besser ergeht. Sylvester Stallone, 61, wollte als Action-Held keiner mehr sehen, Arnold Schwarzenegger, 60, wechselte klugerweise auf die politische Bühne. Nur Bruce Willis, 52, gibt weiter den Haudrauf. Man kann das auch tragisch nennen. Ausnahmen wie etwa George Clooney, 46, oder Robert De Niro, 64, gibt es unter den Frauen auch – mit Diane Keaton, 61, oder Jodie Foster, 45.
Allerdings setzt sich im Kino ein seit Jahrhunderten gültiges Klischee fort: Männer gelten im Alter als weise, Frauen eher als boshaft. So spielt Moore eine verkniffene Polizistin in „Mr. Brooks“, intrigiert Michelle Pfeiffer, 49, in „Hairspray“ und „Der Sternwanderer“, verkörpert Susan Sarandon. 61, in „Verwünscht“ klassisch die böse Königin. Diesem Bild hat sich sogar Meryl Streep, 58, offenbar gebeugt: Nur wenig variiert sie von „Der Manchurian Kandidat“ und „Der Teufel trägt Prada“ über „Machtlos“ bis zu „Von Löwen und Lämmern“ sadistische, manipulative, überehrgeizige Frauenfiguren. Aber die Rollen müssen ja besetzt werden. Sonst würde Dustin Hoffman mit 70 noch mal in Frauenkleider schlüpfen müssen.