Der „Tatort“ am Sonntag: Mission fast unmöglich
"Der Weg ins Paradies": Bei seinem vorletzten Einsatz im "Tatort" nimmt Mehmet Kurtulus es mit Islamisten auf. Arne Willander hat den "Tatort" vom kommenden Sonntag bereits gesehen.
Alle Freunde des verdeckten Ermittlers Cenk Batu (also alle Freunde des Kriminalfilms!) vermuteten den schwersten, den größten Auftrag von allen Cenk-Batu-Fällen, als sie „Islamisten“ lasen und „Hamburg“. In der „Hörzu“, zum Beispiel, wurde „Der Weg ins Paradies“ nicht beurteilt, weil der Film noch nicht vorlag. Brisantes Material also!
Und ein wenig spekulativ wohl auch. Denn in Hamburg planten ja die Terroristen vom September 2001 die Anschläge in New York, dort lebten sie als Studenten, trafen sich in einer Moschee am Steindamm, mieteten Wohnungen, waren gar verheiratet. Und Mehmet Kurtulus, der düsterste und fatalistischste aller „Tatort“-Polizistendarsteller, wurde in der Türkei geboren.
Cenk Batu wird mit geborgter Identität in eine Gruppe um den deutschen Islam-Konvertiten Christian Marshall (Ken Duken) geschleust. Seltsam unbeteiligt akzeptiert er den Auftrag des Leiters Uwe Kohnau (Peter Jordan), nur der notwendige Umzug ärgert ihn. Ein letztes Mal betrinkt er sich in einer Bar mit einer jungen Frau und nimmt sie mit zu seiner Wohnung, doch wacht sie allein in Batus Bett auf.
Für den Auftrag hat Batu sich einen Bart wachsen lassen und trägt ein langes Hemd, eine Weste und ein Strick-Käppi – aber ausgerechnet in dieser Montur wirkt Mehmet Kurtulus merkwürdig beklommen und hüftsteif. Die paar Islamisten, die hier ihre schaurigen Pläne schmieden, erscheinen als tragikomische Knalltüten – und Anführer Marshall ist offenbar eher das Opfer seines tyrannischen Vaters als ein glühender Islamist: Als er und Batu einmal Vater Marshall besuchen, äußert der nur die Enttäuschung darüber, dass der Sohn so gar nichts aus sich gemacht hat – und wünscht sich, ihn nie mehr wiederzusehen. Die Schwester schweigt. Und Christian schleppt mit feuchten Augen die Chemiekanister aus der Garage.
Wenig glaubhaft ist auch das Ziel der Terroristen: Ein turmartiges Hotel soll gesprengt werden, und zwar so, dass es schief in der Landschaft steht; Christian Marshall rechnet mit „ein paar Hundert Toten“. Mit den Chemikalien hantiert ausgerechnet Batu, den Marshall längst durchschaut hat – dennoch verfährt er weiter nach abstrusem Plan. Und Ken Duken lächelt immerzu melancholisch – sein Vater hat es gesagt: Als Kind wollte er nicht das Türkenkostüm des kleinen Muck anziehen. Und deshalb hat er wohl einen Knacks – und hetzt die ihm anvertrauten Nachhilfeschüler auf.
Wie somnambul bewegt sich Mehmet Kurtulus durch den Film, spricht mit schwerem Akzent, auch mal Türkisch und blickt grimmig drein. War er bisher ernst und konzentriert, so ist er jetzt erstarrt und verkrampft. Im Hintergrund agieren die Dienste, Kohnau kann mal wieder nichts dafür und fürchtet um Batus Leben.
Aber noch ist es nicht so weit. Der letzte Film des Mehmet Kurtulus in der „Tatort“-Reihe ist gerade gedreht worden – es soll der spektakulärste, der dramatischste von allen sein. Und Cenk Batu wird ihn nicht überleben.
Und dann kommt Til Schweiger.
„Tatort: Der Weg ins Paradies“. Sonntag, 20.15 Uhr, ARD.