Der private Künstler
Eurythmics-Mastermind Dave Stewart hat mit seinem Freund Bob genug Tee getrunken und Videos gedreht, um ihn zu durchschauen.
Der Kollege
Dave Stewart, für Ihr kommendes Album haben Sie zusammen mit Bob Dylan den Song „Worth The Waiting For“ geschrieben. Wie macht man das – einen Song mit Dylan schreiben?
Wir sitzen zusammen, in meinem Studio oder am Küchentisch, singen, jammen mit Gitarren, albern herum. Dabei entstand vor einiger Zeit eine großartige Akkordfolge. Ich vollendete den Song alleine, schickte ihn an Dylan, und er meinte: „Ja, der ist gut!“
Glück gehabt, dass er ihn nicht selbst behalten wollte!
Ach, der hat genug Ideen! Er improvisiert spontan druckreife Lyrics – so, wie wir beide uns hier unterhalten. Er hat immer seine kleinen Bücher dabei, in denen er sich Notizen macht. Sein Gehirn rattert pausenlos.
Wie haben Sie sich kennengelernt?
1985, als ich in L.A. im Studio war, gab es einen Anruf für mich: Bob Dylan sei dran. Ich dachte, ein Freund wolle mich veräppeln. Aber die Stimme kann man nicht imitieren. Dylan wollte mit mir über Musik und Filme plaudern, also verabredeten wir uns.
Wieso ruft Bob Dylan einfach Leute an und verabredet sich mit ihnen?
Er hatte die Eurythmics-Videos gesehen, die ich künstlerisch gestaltet hatte. Kleine Filme, stark von den französischen Surrealisten beeinflusst. Dylan war das natürlich sofort aufgefallen! Wir trafen uns in einem Thai-Restaurant, fuhren dann in die Pampa, zu einem Club voller Latinos. Wir fragten einige, ob sie in einem Video mitspielen wollten, am nächsten Tag mieteten wir einen Schulbus … und dann wurde es immer verrückter!
Daraus wurde der Clip „When The Night Comes Falling From The Sky“.
Genau. Und so haben wir uns immer wieder gesehen. Als er im Hammer-smith Odeon spielte, kam er danach mit der ganzen Mannschaft zu mir ins Studio. Wir steckten Räuchergefäße an, machten bis morgens um fünf Musik. Es war sehr bohemian!
Oft hat man diese Legende gehört: In London soll Dylan einmal aus Versehen bei einem falschen Dave Stewart geklingelt haben. Dave sei nicht da, sagte man ihm, Dylan wartete in der Küche. Erst, als der Falsche nach Hause kam, wurde die Verwechslung bemerkt. Ist das wirklich passiert?
Ja und nein. Ich wohnte damals in der Randolph Avenue. Um die Ecke gibt es auch eine Randolph Road, und der Fahrer brachte Dylan versehentlich zur falschen Adresse. Aber die Leute merkten es gleich und schickten ihn zwei Straßen weiter. Die Geschichte wurde über die Jahre immer weiter ausgeschmückt. Am Ende hieß es sogar, er habe das Haus dann gekauft.
Als Freund müssten Sie uns das sagen können: Wie eigentümlich und exzentrisch ist Bob Dylan wirklich?
Kein bisschen. Er ist ein wacher, scharfer Geist, der seine Karriere bis heute brillant bewältigt. Aber ich erlebe ihn ja auch nur in Situationen, in denen er sich wohlfühlt. Dass große Künstler sich unter dem Druck der Öffentlichkeit manchmal komisch und abwehrend benehmen – darf man ihnen das vorwerfen? JH