Der Preis des Erfolgs
Im zweiten Teil von "Night And Day" präsentiert sich Joe Jackson als hintersinniger Nostalgiker
Joe Jackson gilt als schwierig. Ist er aber nicht. Eine Mischung aus Schüchternheit und Intellekt lässt den britischen Songwriter und derzeitigen Wahl-New Yorker abgeklärter erscheinen, als er eigentlich sein will.
Vielleicht spielt da auch Vorsicht eine Rolle, denn ihm wurde im Laufe von mehr als zwei Jahrzehnten Popkarriere manch unsinniges Wort in den Mund gelegt. Der Preis des Erfolgs und der Ärger mit der Flüchtigkeit des Business. Jedenfalls hat er es satt, immer wieder missverstanden zu werden. Joe Jackson stellt richtig, klärt auf. Die vor wenigen Monaten erschienene Autobiografie „Ein Mittel gegen die Schwerkraft Musikalische Wanderjahre“ erzählt endlich die einzig gültige Lebensgeschichte, kokettiert mit der Poetik des Entwicklungsromans und verortet den kränklichen Jungen, der er war, als eine Kombination von Frank McCourt und Frank Castorp im britischen Industrierevier Portsmouth:“Ich wurde geschlagen, zu Boden geworfen und auf dem Schulhof verspottet. Man steckte meinen Kopf in Toiletten. Man schlug mir aufs Auge, und ich bekam ein riesiges Gerstenkorn, das wochenlang eiterte.“
Klar, dass eine derart geschundenen Kreatur irgendwann anfangen muss zu singen. Aber damit nicht genug. Auch das neue Werk „Night And Day 2“ ist eine Form von Zwischenbilanz seiner Kreativität. Das erfolgreiche Ursprungsalbum von 1982 markierte Joe Jacksons Sinneswandel, der ihn vom zornigen Part-Time-Punk zum überzeugten Vollzeit-Popper mutieren ließ. Die Neuaufnahme des Themas zeigt nun einen hintersinnigen Nostalgiker, der unter veränderten Voraussetzungen die Stationen seiner Karriere recht schemenhaft Revue passieren lässt. Sounds und Motive der vergangenen Jahre tauchen auf und verknüpfen sich zu einem lockeren Konzept, das Geschichten von Menschen in New York erzählt.
Ein paar Gäste wie Marianne Faithfull gestalten die Charakteren aus, die Jackson skizziert. Alles ist wohldurchdacht die Dramaturgie der Arrangements, das Design der Lieder, die Inszenierung des hageren Mittvierzigers als Nomaden der Großstadt Trotzdem streitet er ab, tatsächlich der Perfektionist zu sein, nach dem er klingt: „Ich habe überhaupt keinen Plan, wie etwas entstehen soll. Die meisten Ideen kommen zu mir aus der Dunkelheit und setzen sich dann wie ein Puzzle zusammen. Ich habe auch noch nie bewusst versucht, einen Hit zu schreiben. Ich hab kerne Ahnung, wie das gehen könnte.“ Mag sein, dass ihn dieser Widerspruch von Schein und Sein doch ein wenig schwierig macht.