Der Popper wird’s schon richten
Die Zimmermänner, Legenden der Hamburger New Wave. sind wieder da
Pop! Der große, glitzernde Verschwender – 1982 war sein Jahr. Punk hatte sich längst in ein Kasperle-Theater verwandelt, als Bands wie ABC, Haircut 100 und Dexys Midnight Runners in den britischen Charts ein neues Stilbewusstsein etablierten, in Deutschland wurde diese hedonistische, trotzdem eher links orientierte Szene auf das Phänomen „Popper“ verkürzt: Schnösel, Tolle, Kaschmirschals. Timo Blunck, Detlef Diederichsen und Christian Kellersmann waren Popper. Perfekt frisierte Schöngeister in flauschigen Burberry-Pullis, die sich Die Zimmermänner nannten. Nicht nach dem damals populären Fernsehfahnder, sondern nach dem Geburtsnamen eines beliebten US-Liedermachers. 1982 erschien auf Alfred Hilsbergs ZickZack-Label das Debüt „1001 Wege Sex zu machen ohne daran Spaß zu haben“. Musik zwischen dem New Yorker Wave-Sound von Lizzy Mercier Descloux, dem sommersprossigen Soul-Pop der Pale Fountains, Steely Dan und albernem Primaner-Humor. Typischer Titel: „Ich werde in der Sonne immer dicker“. Ein rares deutsches Pop-Kleinod.
23 Jahre nach der letzten Veröffentlichung erscheint jetzt – wieder bei Zickzack – das neue Album „Fortpflanzungssupermarkt“. Nicht aus wirtschaftlicher Notwendigkeit, sondern aus Spaß: Musik-Journalist Detlef Diederichsen ist heute verantwortlich für das musikalische Programm im Berliner Haus der Kulturen der Welt, Timo Blunck produziert Film- und Werbemusik. Christian Kellersmann, Leiter der Deutsche Grammophon, ist nicht mehr dabei – die Band ist jetzt ein Duo. „Fortpflanzungssupermarkt“ ist ein gelungenes Comeback als hätten die Zimmermänner eine zweite Chance bekommen. Noch immer ist da die junggebliebene Albernheit: „Warum schmust du nie mit meinem Gehirn?“. Manches klingt sperrig, zweimal um die Ecke gedacht. Aber einen so strahlenden Popsong wie „Christiane Paul“ wird man lange suchen müssen, in England würde so etwas vielleicht heute noch in den Charts landen, trotz (oder wegen?) seiner umwerfenden Raffinesse. In Deutschland? Man wird sehen. Potenzielle Sommerhits für denkende Menschen findet man auf „Fortpflanzungssupermarkt“ jedenfalls im Überfluss.