Der Katzenjammer
Auf seinem zweiten Album über den Zustand der USA erzählt Alt-Kommunist Ry Cooder eine Parabel vom Ende der Hoffnung
Ryland Cooder meint es ernst mit seinem politischen Ärger: Nicht einmal zwei Jahre nachdem er den Untergang des alten, guten Amerika anhand der dem Fortschritt geopferten Chicano-Enklave Chavez Ravine am Stadtrand von Los Angeles vorführte, folgt Lamento Nummer zwei. „My Name Is Buddy“ ist eine von Walt Kellys „Pogo“-Comics inspirierte Parabel, in der eine Katze (Buddy, the common man), eine Maus (Lefty, ein Gewerkschafter) und eine Kröte (Reverend Tom Toad) sich Mitte des 20. Jahrhunderts auf den Weg in ein besseres Leben machen. Fast alle Hoffnungen bleiben indes auf der Strecke: Cooder lässt Buddy erleben, wie der amerikanische Traum der einfachen Menschen, nach drei schweren Dekaden endlich zu Gerechtigkeit und Wohlstand zu kommen, von der „Bossenklasse“ verraten wird und Stück für Stück zerbricht. „Ich erinnere mich an all diese Dinge sehr gut – meine Familie waren people of the left, und bei uns zu Hause wurde sehr viel über den Aufbruch gesprochen, über das feste Vertrauen, es jetzt – nach der Depression, dem Faschismus und dem Zweiten Weltkrieg – wirklich schaffen zu können“, erzählt Cooder. „Sie waren überzeugt, dass die Gewerkschaften das Instrument für den Sieg sein würden. Zu sehen, wie diese Hoffnung zerstört wurde, das ist für mich die schlimmste Tragödie des 21. Jahrhunderts.“
Die Musik zur Geschichte ist eine Art Rollgriff durch die US-amerikanische Folklore, der Cooder wohl nicht schwer gefallen ist. Rudimentär aufgenommener archaischer Blues, Bluegrass, Country, TexMex, ein bisschen Soul und R&B, dazu der narrative Jazz, den man aus dieser Diskografie schon lange kennt: Cooder vertont die Orte, zu denen die Protagonisten seiner Erzählung reisen und schafft so einen Raum der Erinnerung, der ganz anders ist als Springsteens „Seeger Sessions“, im Kern aber dieselbe Botschaft vermitteln soll.
Apropos Pete Seeger: Cooder konnte die (noch) lebende Legende tatsächlich zu einer Aufnahme bewegen, daheim bei den Seegers in Beacon, N.Y. Auch Bruder Mike Seeger war dabei, als das hübsch traditionelle „J. Edgar“ entstand, in dem der namensgebende Charakter ein verfressenes Schwein ist.
Weitere Unterstützung bekam Cooder für „Buddy“ von den hier üblichen Verdächtigen, also Jim Keltner und Mike Elizondo, aber auch von Van Dyke Parks und Mandolinen-Meister Roland White. Cooders Sohn Joachim half bei der Produktion, indem er alte Aufnahmen des Papas aus den Archiven fischte. Cooder ließ sich von sich selbst inspirieren und nahm die Gesänge zu alten Takes auf. Cooders drittes Werk zum gegenwärtigen Zustand Amerikas wird gerade auf gleiche Weise aufgenommen Eine ganz garstig zynische Geschichte, erzählt aus der Sicht eines Rednecks, der auf „Buddy“ bereits einen ersten Auftritt hat. ,Buddy ist ein netter Typ, er hat Vertrauen in das Leben. Da ist er sich mit Reverend Tom Toad einig: Man kann sich im Kleinen organisieren und sich etwas geben, indem man aneinander glaubt. Da ist ein Weg, von dem aus sich die Dinge zum Besseren verändern lassen können, auch gegen die herrschende Klasse. Wie gesagt, das behaupten Buddy und der Reverend. Ich selbst bin da nicht ganz so optimistisch.“