Der einzige Surfer bei den Beach Boys: Leben und Tod von Dennis Wilson
Er sang über die Wellen – und endete später auch in ihnen: Leben und Tod von Dennis Wilson.

Die Beach Boys sangen von Wellen, vom Surfen und vom ewigen Sommer – und doch war Dennis Wilson der einzige in der Gruppe, der tatsächlich surfen konnte.
Dennis Wilson war auch sonst der Ausreißer bei den Beach Boys. Er wurde oft unterschätzt, auch innerhalb der Band. Er lebte das Leben, von dem die Band oft sang – ein Leben, das früh ein jähes Ende fand.
Kindheit und die Gründung der Beach Boys
Dennis Carl Wilson wurde am 4. Dezember 1944 in Inglewood, Kalifornien, geboren. Er war das mittlere von drei Kindern seiner Eltern, Murry und Audree Wilson. Sein Vater war selbst Musiker und durchaus wohlwollend, wenn es um die musikalischen Talente seiner Söhne ging – doch als Familienvater war er tyrannisch.
Die drei Wilson-Brüder hätten unterschiedlicher nicht sein können. Da war Brian, das musikalische Genie. Carl, eher ruhig und schüchtern. Und dann Dennis: extrovertiert, abenteuerlustig und emotional, aber auch mit jeder Menge innerer Dämonen grundausgestattet. Mit 14 Jahren lernte er Boogie-Piano spielen.
Die Anfänge der Beach Boys: Erstes Album und erste Erfolge
Im Jahr 1961 gründeten Dennis, Brian und Carl Wilson zusammen mit ihrem Cousin Mike Love und ihrem Schulfreund Al Jardine die Beach Boys. Dass Brian und Carl ihren Bruder Dennis fragten, passierte auf Druck der Mutter, die darauf bestand, ihn zu integrieren. Wilson hatte ein Jahr zuvor das Schlagzeugspielen begonnen – und übernahm den Posten an den Drums in der Band.

Brian Wilson erinnerte sich später: „Wir haben uns irgendwie durch Dennis‘ Wünsche zu einer Gruppe entwickelt. Er sagte, dass … die Kinder in der Schule wussten, dass ich musikalisch war, weil ich bei Versammlungen gesungen hatte und so weiter“, wird er im Buch „The Beach Boys and the California myth“ zitiert.

Dennis beschrieb die Anfänge 1976 im Interview mit dem Circus Magazine: „Es muss an einem Freitagabend angefangen haben. Wir holten meinen Vater von der Arbeit ab, und er nahm uns mit zum Abendessen. Alle schrieben damals oft Songs – die Familie war immer musikalisch aktiv und sang zusammen. Wir drei sangen jeden Freitagabend im Rücksitz dreistimmige Harmonien. Ich glaube, da begann die Band. Was das professionelle Singen der Beach Boys betrifft, so kam es eines Tages zu der Idee, über das Surfen zu singen. Mein Vater sagte, er kenne jemanden mit einer Garage, in der wir das aufnehmen könnten. Wir nahmen es dort auf, veröffentlichten es – und so fing alles an. Sehr improvisiert. Es gab kein wirkliches Konzept hinter den Beach Boys, nur ein paar Jungs, die über das sangen, was sie liebten …“
Surfen, Surfen, Surfen
Gleich der erste Song handelte vom Surfen – und hieß „Surfin’“. Er entstand spontan und improvisiert, wurde aber ein Überraschungshit in Kalifornien. Die Gruppe unterschrieb bei Capitol Records und veröffentlichte 1962 das Debüt „Surfin’ Safari“. Im Jahr darauf ging es mit der Surfmusik weiter: „Surfin’ U.S.A.“ verhalf der Band zum endgültigen Durchbruch. Sie wurden Ikonen und Aushängeschilder der Surfkultur und der Popmusik.
Dennis Wilson selbst sagte einmal: „Wir haben Musik über unser Leben geschrieben – Autos, Surfen – genau so war es. Ich glaube, Autos waren eine Phase, als man 17 oder 18 war, als man gerade seinen Führerschein und genug Geld für Benzin hatte, um herumzufahren. Dann ging es darum, wer das schnellste Auto hatte. Dann entdeckte man, dass Autos Rücksitze haben.“ Doch während die Beach Boys den sonnigen Soundtrack zum kalifornischen Traum lieferten, kämpfte Dennis hinter den Kulissen mit seinem Inneren.
Dennis Wilsons psychische Probleme
Dennis Wilson war der charismatische Beach Boy – aber auch der wohl problembehaftetste. Das fing in der Kindheit an: Der Vater war gewalttätig, schlug seine Kinder oft. In Interviews sprach Dennis später offen darüber: „Wir hatten eine beschissene Kindheit … Mein Vater war ein Tyrann. Er hat uns geschlagen, uns richtig verprügelt. Ich kenne keine Kinder, die es so schlimm hatten wie wir.“
Alle drei Brüder hatten unterschiedliche Arten, damit klarzukommen – Dennis suchte Ausgleich im Abenteuer. Er lebte wild, exzessiv. Wilson gab viel Geld aus, mehr als er hatte – und während seiner Beach-Boys-Hochblüte hatte er definitiv nicht wenig. Der Musiker nahm zu viele Drogen, feierte. Sein Drogenkonsum nahm in den späten 1960er-Jahren überhand. Er nahm Kokain, LSD, trank Alkohol.
Wilsons Rolle in der Band
Er kämpfte mit seiner eigenen Rolle in der Band, fühlte sich musikalisch nicht ausreichend wertgeschätzt. Während Brian als Genie galt, wurde Dennis damals etwas unter Wert verkauft. Zwar war er der Drummer, aber oft wurde er auf Studioaufnahmen durch Profis ersetzt. Etwa durch Hal Blaine, einen legendären Drummer. Nichtsdestotrotz spielte Dennis auf mehreren frühen Hits selbst die Drums, darunter „I Get Around“, „Fun, Fun, Fun“ und „Don’t Worry Baby“.
Auch als Songwriter und Sänger trat Dennis Wilson in Erscheinung und trug mit mehreren Kompositionen zum Repertoire der Beach Boys bei. Seine ersten Beiträge waren „Little Bird“ (1968) und „Be Still“, die er mit Stephen Kalinich schrieb. Mit „Forever“ (1970), gemeinsam mit Gregg Jakobson, schuf er eine der bekanntesten Balladen der Band.
Dennis Wilson und der Kontakt zu Charles Manson
1968 lernte Dennis Wilson – im Nachhinein klingt das wie eine Horrorstory – durch zwei Anhalterinnen Charles Manson kennen. Manson war ein erfolgloser Musiker, der später zum Sektenführer mutierte. Wilson fiel auf Mansons Charme herein und wollte sein musikalisches Talent fördern. Er nahm ihn mit in sein Studio, stellte ihn der Musikbranche vor.
Wochenlang lebten Manson und seine „Family“ bei Dennis, nutzten sein Geld, seine Autos und sein Haus. Wilson war überzeugt von Mansons musikalischen Ideen und nahm sogar einen seiner Songs mit den Beach Boys auf. Ursprünglich unter dem Titel „Cease to Exist“ bekannt, wurde er überarbeitet und als „Never Learn Not to Love“ veröffentlicht – allerdings ohne Manson als Songschreiber zu nennen.
Dennis Wilson: Sein Absturz und sein Tod
Wilsons Verhalten in der Band wurde immer erratischer. Der Drogenkonsum machte alles noch schlimmer. Er stritt heftig mit seinen Bandkollegen – und aufgrund seiner Alkoholprobleme waren Auftritte oft nicht mehr möglich. Er konnte nicht mehr sprechen, vom Singen ganz zu schweigen.
Am 28. Dezember 1983 ertrank Dennis Wilson im Alter von 39 Jahren in Marina del Rey, Kalifornien.