Der eigene Herr
Der irische Songschreiber Fionn Regan übernimmt seine Karriereplanung am liebsten selbst
Weil Fionn Regan heute auf Tournee geht, hat er sich ein Zelt bestellt und eine Taschenlampe gekauft. Für die nächsten zwei Wochen stehen Festivals in Irland und England auf dem Plan, und Fionn mag nicht herumkutschiert werden vom Hotel zum Veranstaltungsort und andersherum, sondern bleibt lieber bequem vor Ort. Das Zelt ist zu groß geraten, viel zu groß, aber Fionn denkt schon an gitarrenförmige Swimming-Pools und exklusiv abgeschirmte Backstage-Bereiche. Ein Witz, natürlich, aber es ist etwas Wahres am campenden Sänger.
Denn Fionn Regan bleibt gern unabhängig und macht sich seine Karriere selbst. Sogar jetzt, wo das Debüt „The End Of History“ überall gefeiert wird und sich das Jahr stündlich weiter mit Konzertreisen füllt, verzichtet der junge Dubliner auf ein Management und organisiert alles selbst, während der freien Tage bzw. Nächte. „Es wird die Zeit kommen, da ich diese Dinge delegiere, aber im Moment ist das alles noch am besten bei mir selbst aufgehoben“, sagt Fionn beim Sachen packen.
Schon mit 17 verließ der Gitarrist und Sänger sein Heim in Richtung London, um Rockstar zu werden. Eine harte Zeit sei das gewesen für einen Minderjährigen ohne richtigen Job und Unterstützung von Zuhause. „Ich laufe vor irgendwas weg, damals wie heute, aber ich weiß nicht, was es ist“, sagt Fionn ehrlich, „ich genieße es, unterwegs sein, um über die Dinge nachdenken zu können.“ Um ebensolche Sachen geht es auf „The End Of History“, einer tatsächlich großartigen Platte.
Fionn bedenkt sein Leben bis jetzt, lässt die Kindheit vor dem geistigen Auge ablaufen und guckt ein letztes Mal genau hin, bevor das neue Kapitel so richtig beginnt. „Ich bin an diesem Bahnhof angekommen“, sagt Fionn, dem oft schöne Allegorien einfallen, „ich wechsle den Zug. Ich fahre woanders hin.“ Der symbolische Bahnhof ist die besagte Platte, für die Fionn zwölf zur akustischen Gitarre gesungene Songs aufgenommen und mit Cocteau Twin Simon Raymonde gemischt hat. Regan ist besser als die meisten anderen seines momentan boomenden Genres. Bloß ein paar wenige Overdubs schmücken die ganz warm und direkt analog gemachte Platte, und dazu glänzt der 25-Jährige mit toller Poesie und großem Ideenreichtum. „Ich werde nicht behaupten, dass diese zwei Jahre ein Picknick waren“, erzählt Fionn von den Aufnahmen, „die tatsächlichen Tage im Studio kann man an zwei Händen abzählen, aber man muss ja nebenher auch noch andere Schlachten schlagen. Das verstehen die Leute immer nicht und fragen: Was machst du eigentlich die ganze Zeit?‘ Und ich sage dann: ‚Hey, ich baue dieses Schiff und versuche, es aus dem Hafen zu kriegen, ohne dass es untergeht.'“ Dass es überhaupt zu dieser Platte kommen würde, war lange unklar. Vor drei, vier Jahren hatte Fionn sich vorübergehend mit dem Management von Blur eingelassen, das aus ihm eine Art James Blunt machen wollte. Die künstlerische Integrität stand auf dem Spiel. „Das ist der Moment, in dem ich mit der Faust auf den Tisch schlage und mein ‚Betreten verboten‘-Schild aufstelle“, sagt Fionn wieder allegorisch, „ich schätze, jeder Songwriter geht durch eine Phase, in der er versucht, jemand zu sein, der er nicht ist. Jedenfalls saß da dieses Komitee und wollte meine Karriere per Abstimmung festlegen. Aber nur, weil du am Ende der Nahrungskette stehst, musst du nicht zu allem Ja sagen. Ich jedenfalls habe in dieser Zeit gelernt. wer ich wirklich bin.“