Deppen in der Dönerbude
Die türkische Fernseh-Gemeinde wird als Zielgruppe immer interessanter, doch die Türk-Comedy ist noch nicht vollends integriert
Alles wird Döner. Während die Politiker sich noch die Lippen fransig diskutieren und langatmig erörtern, ob man der Türkei irgendwann kurz vor dem St. Nimmerleinstag gnädig den Beitritt zur Europäischen Union gewähren oder doch lieber mit einer privilegierten Partnerschaft den bösen Islam vor der dreifach gesicherten Haustür lassen sollte, ist der Kulturkampf im Fernsehen längst entschieden. Die Türkei kommt nicht, sie ist längst da. In immer mehr Sendungen tritt der Türke vom Dienst auf, wobei er vor allem in nachrichtlich orientierten Sendungen wahlweise entweder als böser Islamist oder als netter Gemüsehändler von nebenan vorgestellt wird. In der Mehrzahl der Fälle muss er aber den nicht immer freiwilligen Spaßvogel spielen, woraus man eine wichtige Regel ableiten kann. Merke! Der Fernsehtürke ist vor allem eines – lustig.
Gerade hat Satl in Berlin eine Mini-Serie abgedreht, die bislang noch ohne Sendeplatz ist, aber zumindest einen reichlich monarchisch anmutenden Arbeitstitel trägt: „Der König von Kreuzberg“. Die 24-Minuten-Episoden spielen natürlich in einem Döner-Imbiss und belegen, wie sich deutsche Comedy-Autoren den Alltag eines lustigen Türken so vorstellen. Was nach stillen Tagen im Klischee klingt, ist selbstredend angelegt als Aneinanderreihung von netten Konflikten, die vor der Kulisse einer „Döneria“ ausgetragen werden.
Im Mittelpunkt der Handlung steht der 27-jährige Attila, der Geschäftsführer des Fleischbrockenhandels, Cliquenchef und liebenswertes Großmaul So kennt man seinen Türken, so liebt man ihn. Sein Freund Hakan will Popstar werden, doch bevor die beiden zu Höherem streben können, kommen ihnen Attilas Freundin Nina, die deutschblonde Heidi und ihr Vater, der nur an Sauberkeit und Ordnung orientierte Blockwart, in die Quere. Von einer „Multi-Kulti-Community“ faselt neudeutsch die Produktionsfirma Phoenix, und einzelne Schauspieler behaupten gar, man könne mit der Serie zeigen, wie das mit der Integration klappt.
Große Worte, die möglicherweise auch beim Konkurrenten RTL früh Gehör fanden, doch in Köln tut man sich derzeit noch etwas schwer mit der hauseigenen Türken-Komödie. „Halbmond über Neukirchen“ soll die heißen und sich natürlich um die lustigen Abenteuer einer Einwanderersippe drehen. Doch so richtig kommt man nicht in die Gänge mit dem Format. Nein, die Produktion laufe noch nicht, lässt man verlauten und:Ja, die Serie komme auf jeden Fall ins Programm. Schließlich wurde sie schon bei der Programmpräsentation im vergangenen August großmundig den Werbekunden ans Herz gelegt. Denn die Türken-Komik soll nicht nur das Herz des deutschen Zuschauers öffnen für eine vermeintlich fremde Kultur, sie soll auch die als Zielgruppe nicht uninteressante Gemeinschaft der jungen Türken für die gängige Konsummittelanpreisung aufschließen.
Dabei fällt auf, dass Fernsehmenschen wenig Interesse daran haben, das wahre Bild des in Deutschland lebenden Türken zu zeigen, denn nur die weiter in einer TV-Parallelgesellschaft lebende Gestalt bietet die Exotik, die es braucht, um die für Komik unvermeidlichen Reibereien auszulösen. Deshalb wird sich der auf die Rolle des charmanten Aliens reduzierte Fernsehtürke damit abfinden müssen, weiterhin die Rolle des netten Underdogs zu spielen.
Man kann das sehr schön beobachten in der RTL-Comedyserie „Atze“. In der spielt Fatih Cevikkollu den Angestellten Murat, einen trotz seiner gelegentlich keimenden Bauernschläue am Schluss immer wieder unterlegenen Betriebssklaven im Kiosk des pfiffigen deutschen Proleten-Unternehmers. In eine ähnliche Kategorie kann man ebenfalls die Pioniere der Ethno-Comedy einordnen: Auch Erkan und Stefan sind am Schluss meistens die depperten Loser, die nichts schnallen. Innere Verwandtschaft zum Versager-Duo zeigt auch der schwule Türke, der in der Sat.l-Witze-Reihe „Sechserpack“ reichlich tuntig ungelenk die Verehrer seiner Schwester anhimmelt. Merke also außerdem! Der Türke im deutschen Fernsehen ist meistens der Verlierer, der den Schuss nicht hört.
Dazu passt auch der zurzeit erfolgreichste Fernsehtürke. Kaya Yanar hat sogar eine eigene Comedyshow bei Sat.l, in der er schon so ziemlich alle Türkenklischees durch die Mangel gedreht hat, die momentan auf dem humoristischen Markt kursieren. Das war anfangs nett anzusehen, weil da einer sagen durfte, was andere nicht zu sagen wagte. Inzwischen erschöpft sich Yanars Komik aber meist in wenig witzigen Einspielfilmchen und sauschlechten Stand-up-Auftritten. Wohl kein Humorist im deutschen Fernsehen versemmelt derart viele Pointen wie Kaya Yanar. Er hat kein Timing, sieht oft aus, als verstehe er selbst nicht, was man ihm da aufgeschrieben hat, und überlebt wohl nur, weil über ihm die schützende Hand seines Produzenten schwebt. Der heißt nämlich Harald Schmidt und verdient sich durch den Verkauf der Yanar-Show noch ein kleines Zubrot.