David Gray Rattenfänger?
Zeit ist alles und läßt sich dummerweise auch nicht anhalten. Wenn David Gray über sie redet, bringt er sich in „eine defensive Sitzposition“, weil es ja nun um den liebsten Feind geht. „Die Zeit“, doziert er dann, „gehört uns Künstlern.. Weil sie vergeht, während wir sie in Momenten festhalten wollen. Wenn das doch mal für Sekunden gelingt, nennen wir das magisch, denn nur die Instinkte haben uns geholfen.“ Und mehr will er dazu dann auch nicht sagen, er hasse all diese esoterischen Diskussionen.
Die Themen gehen einem mit diesem begnadeten Songwriter trotzdem nicht aus. Derart viele magic moments nämlich schenkt sein Album „White Ladder“ weg, dass die frohe Kunde vom meisterlichen Werk auf geheimsten Pfaden unters Volk gelangte.
Nie habe er sich für ironische Songs interessiert, sagt Gray, „und wer die Leute im UK nicht in Depressionen treibt, sollte besser nicht mit positiver Presse rechnen.“ Er bekam sie dennoch.
Noch erratischer reagierte das Publikum. „Dem musste die LP gar nicht an den Hals geschwatzt werden, man schien sie zu kaufen, bloß weil sie gefiel.“ Ein kleines Wunder, welches David Gray lieber noch ein Phänomen nennt. Dass sein Werk ihm „inzwischen aus den Händen geglitten ist“ und sich ganz oben in den Charts tummelt, dass niemand es mehr wagt, ihm auch nur die kleinste Schwäche zu unterstellen, findet er „zwar eigentümlich, aber ehrlich gesagt auch ganz angenehm.“ Was beim Blick in sein Gesicht mit amüsant zu übersetzen ist. „Klar, kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen! Ich habe diese Songs zu Hause aufgenommen, weil das viel schneller und viel billiger geht als in ’nem Studio. Und ich habe Songs anstelle von Hymnen auf den nächsten Trend geschrieben. Ich bin gespannt, wann die Leute merken, welchem Rattenfänger sie da gefolgt sind.“
Und wir, ob sie dann das einzig Richtige tun und ihm weiter folgen. Schön wär’s.