„Das perfekte Promi-Dinner“: der Mampf um Freiheit
"Das perfekte Promi-Dinner" gewährt tiefe Einblicke ins Allzu-Menschliche
Es ist immer ein Risiko, Gunter Gabriel einzuladen: Der Sänger ist ein Genie der Selbstvermarktung und des Überlebens, außerdem sagt er stets die Wahrheit (oder das, was er dafür hält). Nachdem er bereits in einer losen Revue das Leben von Johnny Cash glorifizierte, machte er jetzt dasselbe noch einmal mit seinem eigenen Leben. Das Plakat von „Hello, I’m Johnny Cash“ bedeckt einen Teil seiner Bettstatt auf dem Hausboot, das im Hamburger Hafen festgemacht ist. Und „Ring Of Fire“ auf der Gitarre schollernd, besuchte Gunter die Teilnehmer von „Das perfekte Promi-Dinner“.
Sarina Nowak, eine entzückend unbedarfte Ex-Kandidatin bei „Germany’s Next Topmodel“, der Vorabend-Schauspieler Falk-Willy Wild („Rote Rosen“) und die Sky-Ehefrau Mirja Du Mont bemühten sich mehr oder weniger engagiert um ein ordentliches Abendessen – bloß Gunter Gabriel hatte einen Rockabilly-Koch engagiert, der sogar den Einkauf auf einen Markt übernahm. Zuvor hatte sich der Barde durch Abende bei Sarina (in Lübeck), Falk-Willy (in Lüneburg) und Mirja (in einem Hamburger Vorort) gesäftelt und geklampft, die „Titties“ der 21-Jährigen beäugt und den „Arsch“ der 37-Jährigen „nach zwei Kindern“ bewundert. Während Sarina jede zotige Anspielung kichernd ignorierte, fand Mirja manche schmierige Bemerkung etwas degoutant. Aus dem Off wurde die fahle Dame aus Celle als „Vorzeige-Hanseatin“ tituliert.
Ihr Haus hatte sie für den Schlemmer-Abend nicht zur Verfügung gestellt. Anwesen und Kinder sollen vollkommen geheim bleiben – und Sky Du Mont möchte bestimmt auch mal seine Pantoffeln auf den Tisch legen. So kochte sie in einem hübschen Haus, das sie ehedem bewohnt hatten und das jetzt einer guten Freundin gehört – die für den Anlass evakuiert wurde. Ihr Kalb in Zitronensauce überzeugte am Ende samt Vitello tonnato und Törtchen am meisten – Überraschung angesichts des Sieges heuchelte sie nur notdürftig. Je mehr Gunter aufdrehte, desto weniger zu melden hatte Falk-Willy Wild, ein ebenso geschwätziger wie nichtssagender Casanova, der in Lüneburg eine Junggesellenwohnung unterhält, weil er dort im Akkord an der Telenovela „Rote Rosen“ mitwirkt. Falk hatte eine Schauspiel-Kollegin zum Erdbeerenschnippeln verpflichtet, die allerdings bald wieder verschwand. Dennoch schien der Heidschnuckenbraten, eine Spezialität der Lüneburger Heide, trefflich gelungen.
Erst auf Gunter Gabriels Kahn fielen beinahe alle Hemmungen, als Mirja, die Prinzessin auf der Erbse, im Badezimmer ein schmutziges Handtuch erblickte und im Schlafraum des Musikers vor Staub kaum atmen konnte. Ein Hausboot möchte sie trotzdem besitzen. Gabriel selbst mümmelte trotzig „Himmel und Erde“ (Grützwurst, Kartoffel und Apfelmus) auf, während die anderen längst die Currywurst und Pommes aus der Schleusen-Kantine verzehrten. Schließlich musste Gunter notgedrungen die Lindenberg-Platte „Keule“ an Mirja verschenken, weil sie den Künstler mit Haaren so niedlich fand. Bei der Gelegenheit lupfte Gunter Gabriel sein Toupet.
„Das perfekte Promi-Dinner“ ist, wie Gabriel richtig formulierte, eine Schlüsselloch-Sendung, bei der die Menschen vor dem Fernseher sehen wollen, wie prominente Mitbürger so wohnen und kochen. Die Einblicke reichen oft viel tiefer, als die Teilnehmer es sich vorstellen können: Dass Model Sarina nicht spontan, nicht lustig, nicht geistreich und nicht eloquent ist, hatten wir uns schon gedacht. Dass sie vollkommen infantil ist und dabei glücklich, vermittelte die Sendung erfüllend. Windbeutel wie Willy diffundieren im Lauf der Sendung ins Unsichtbare. Und dass Mirja nicht gerade kocht, wenn sie müde heimkommt – das verriet sie uns selbst.
Die Rampensau gewinnt immer und zahlt mit dem Verlust der Diskretion. Kein Problem bei dem leutseligen Gunter Gabriel, der sogar seine diversen Medikamente fürs Herz fein säuberlich auf den Tisch stellte. Den Vorteil des Bankrotts benannte er auch: Du hast nichts mehr zu verlieren. Das ist die Freiheit, die er meint.