Das öffentliche Liebesleben
Allerdings mussten sich eben auch nur wenige Celebrities derart mit den beschissenen Seiten des Ruhmes herumschlagen wie Lopez – mit dem Body Shaming, dem Sexismus, dem Rassismus. Und die Zeit mit Affleck markierte dabei vermutlich den Höhepunkt. „Statt sie zu bewundern, hat man sie runtergemacht. Man hat sie ausgegrenzt. Man hat ihr nichts verziehen, nie“, sagt ihre Freundin und Co-Produzentin Elaine Goldsmith-Thomas. „Die Frau hatte einen Film UND ein Album an den Chartsspitzen – das gab es noch nie. Aber geschrieben haben sie über die Trennung von Puffy. Im Jahr darauf hatte sie einen Hit mit „Maid In New York“, und in der Presse hieß es: ‚Ben Affleck schläft mit dem Küchenpersonal‘. Sie hat einfach nicht die Anerkennung bekommen, die für – ich kann es nicht anders sagen – weiße Darstellerinnen selbstverständlich ist. Und ich weiß, wovon ich rede, weil ich mit ihnen gearbeitet habe.“ In „South Park“ wurde sie in einer Folge, die sich über ihre Latin-Herkunft lustig machte, eine „fiese Bitch“ genannt. Conan O’Brien meinte, dass er in einem Sketch über das Paar „unseren Praktikanten“ als Affleck und „unsere Putzfrau“ als Lopez besetzen würde.
„Es war brutal“, sagt Lopez heute. „Es war wirklich brutal. Das sind einfach Dinge, die du so tief wie möglich in dir vergraben musst, damit du überhaupt weiter machen und arbeiten kannst.“ Das gelang ihr auch – bis es irgendwann nicht mehr ging. „Schon komisch. Ben und ich waren wirklich verliebt. Ich hatte eine der glücklichsten Zeiten meines Leben. Aber zugleich lief dieses andere Ding. Man ist über uns hergefallen, und das hat unsere Beziehung tatsächlich von innen her zerfressen – wir waren beide schlicht zu jung, um zu wissen, was im Leben wirklich zählt.“
Über manches davon spricht sie. Sie erzählt von der Therapie und wie sie „viel spiritueller geworden“ sei, seit sie Kinder hat. Sie sagt, sie bete viel und spreche ständig mantrische Selbstbekenntnisse vor sich hin („Ich bin eins mit mir; ich bin auch allein wertvoll; ich liebe das Universum, das Universum liebt mich“). Sie erzählt, sie sei am Morgen um acht aufgewacht und von einer Welle der Dankbarkeit überwältigt worden. Ihre Schwester war ein paar Tage zuvor aus New York eingeflogen. Ihre Mutter war auf dem Weg. Weihnachten stand vor der Tür, viele schöne Geschenke waren gekauft, viele schöne Pläne geschmiedet. „Ich versuche immer, mein Leben mit Dankbarkeit zu betrachten“, sagt sie ohne jede Ironie. „Aber gerade heute war mein erster Gedanke ganz ehrlich: „Danke. Ich danke dir, Gott. Ich danke dir, dass mein Leben ist, wie es ist.“
Nach dieser Dankbezeugung, sagt sie, schlüpfte sie in ihre Gucci Slipper, schlappte ins Bad, stieg aus ihrem Schlafset, drehte die Dusche an und nahm sich vor, wie immer so auch heute ihr bestes Ich zu sein. „Ich will immer klar machen, dass ich mein Bestes gebe, dass ich alles tue, um die Welt ein bisschen zu verbessern“, sagt sie. Und: „Ich bin wirklich glücklich, vermutlich glücklicher als je zuvor.“ Das liege an Affleck, obwohl sie nicht sagt, was genau sie an ihm glücklich macht, oder was sie zuvor weniger glücklich gemacht hat. Oder genauer: Sie spricht schon darüber, aber bittet mich, vorher die Aufnahme zu stoppen, was so wirkt, als wolle sie betonen, wie kalkuliert sie die restliche Zeit des Interviews agiert. Sie erzählt, dass sie Louise Hays „You Can Heal Your Life“ gelesen und dabei gelernt habe, dass sie kontrollieren könne, wie sie über die Welt denkt, auch wenn sie diese selbst nicht kontrollieren kann. Sie sagt: „Es war mir immer wichtig zu verstehen, wie ich ticke.“
Zu diesem Verständnis gehört auch, sich darüber klar zu werden, wieviel sie von sich preisgeben kann, nicht zuletzt weil ihre öffentliche Präsenz auch auf die Kinder zurückfällt. „Ich muss da wirklich jonglieren“, sagt sie. „Die Menschen sind oft super kritisch. Also, du lässt sie in dein Zuhause, und dann reden sie über deinen offenen Kamin oder schreiben sowas wie ‚Ob das echt ist? Haben sie das inszeniert?‘“ Aber zur Selbstfindung gehört auch ein bisschen der Blick nach innen, auf drei Scheidungen (zuletzt von Marc Anthony) und die beiden verworfenen Verlobungen (zuletzt mit Alex Rodriguez) und auch die vielen in der Öffentlichkeit ausgetragenen Break-Ups, und was sie damit zu tun haben, dass sie nicht die Kleinfamilie gegründet hat, die sie immer wollte. „In meinen Vierzigern“, sagt sie, „habe ich mir immer gesagt, dass ich mich nicht genug liebe. Du lässt gewisse Dinge einfach geschehen, du kümmerst dich nur um den Erfolg in der Arbeit – aber dein Privatleben…“, sie macht eine Pause, „läuft einfach nicht…‘“. Sie schweigt wieder. „Das hat mich künstlerisch vorangebracht, was natürlich toll ist. Die Haltung hat mich immer wieder zu Höchstleistungen angetrieben. Sie hat mir mehr innere Sicherheit gegeben. Sie hat mich motiviert, immer besser zu werden und erfolgreicher und als Künstlerin zu wachsen. Und das ist mir auch gelungen. Aber am Ende willst du dich eben auch in deinem eigentlichen Leben wohlfühlen.“
Sie lässt den Blick durch das Zimmer schweifen und entschließt sich, noch ein bisschen auszuführen, warum das vielleicht nicht so geklappt hat. „Was Liebe bedeutet, erfährst du ja nicht erst aus der ersten Liebe. Das geben dir schon deine Mutter und dein Vater mit, es hängt davon ab, was du als Kind von deinen Eltern über die Liebe und das Leben lernst, wie sie mit dir umgehen. Das sind die Dinge, über die du nachdenken musst und an denen du in deinen Beziehungen arbeiten musst – wenn sich bestimmte Muster wiederholen und du denkst: ‚Warum geht das schon wieder los?‘“.
Ihre Eltern haben sich scheiden lassen, als die Kinder schon groß waren. Sie möchte nicht zu sehr ins Detail gehen, aber sie will klar stellen, dass sie darüber hinweg ist. „Ich hadere nicht mehr damit“, sagt sie später. „Ich bin überzeugt, dass meine Mutter es so gut gemacht hat, wie sie konnte. Und aus dieser Perspektive ist es auch leichter, die Strafen und Schläge und alles zu akzeptieren. Ich selbst will meine Kinder nicht so erziehen, aber ich habe Verständnis dafür.“
Umgekehrt ist sie sich aber nicht sicher, ob ihre Eltern sie verstehen. „Wie sollten sie auch?“, fragt sie. „Ich glaube, mein Leben verwirrt sie.“ Damit stehen sie nicht allein. „Wenn in einer Familie jemand berühmt wird, dann führt das zu Konflikten. Und es kann für beide Seiten kompliziert werden, für mich etwa in der Art ‚Ist das eigentlich noch die Familie, die mich liebt und akzeptiert und versteht und in mir dieselbe Person sieht? Oder halten sie mich auch für jemand anderen?‘ Und die Familie hat vermutlich eher gedacht, ‚Ok, jetzt ist sie also so und so, und was heißt das jetzt? Was erwarte ich? Um wieviel kann ich bitten? Und wo ist die Grenze?‘ Es gibt Verwirrung. Auch Ablehnung, gemischte, komplizierte, erwachsene Gefühle. Kurz: ‚Was bedeutet das alles?‘“.