Das Madonna Hip Hop Massaker aus Berlin wird im Pop-Abfall fündig
Sofort verdächtig: In der Merchandising-Liste der Band steht jedem Artikel ein verwegenes „Super“ vor. „Superstidker“, „Super-T-Shirt“ und vor allem, gänzlich mysteriös: „Superpopfood“. Das Berliner Trio Madonna Hip Hop Massaker macht sich zwar über so manches lustig, dabei aber niemals lächerlich. Da sei das stets implizite Augenzwinkern vor. Ihr Debüt-Album „Teenie-Jhp“ samt dazugehöriger Werbe-, Image- und sonstwas-Kampagne gleicht einem unterhaltsamen Bausatz „So und nicht anders werde ich ein glamouröser Popstar. Sofort!“. Das Album-Cover ist streng in hellblau, gelb und rosa gehalten, als handele es sich hier nicht um ein geglücktes Stück Trash-Fop, sondern möglicherweise um Weltraum-Kaugummi. Natürlich präsentiert ein bekannter Jeans-Schneider die Tournee, und natürlich nennt sich die Frontfrau, deren Haarfarbe sich (bzw. sie) der Tagesstimmung anpaßt, „Miss Megatrance“. Und noch bevor jemand langweilige „Kommerz, Ausverkauf-Hymnen anstimmen kann, gestehen sie ein, daß sich und sein Umfeld übermäßig ernst zu nehmen nicht ihrer Auffassung von Pop entspricht: „Dieser ganze Zirkus macht Spaß“, findet Frau Megatrance. Um die etwaige Fragwürdigkeit von Hauptkomponenten wie Kreisch-Optik, Kreisch-Lyrik und Kreis.ch-Sound von vornherein zu untergraben, reglementieren sie: „Man kann doch nicht so auf der Bühne stehen, wie man zu Hause rumläuft.“ Zwischen Pose und Posse sich bewegend, singen sie freudige Zeilen, von denen nicht unbedingt alle dauerhaften Parkplatz im Gedächtnis verdienen – eine repräsentative jedoch ist wichtig, um diese Band zu verstehen, um nicht voreilig den Griffel hin- und die Platte wegzulegen: „I have more fun in being pop“, heißt es da. Der Eindruck, daß die Band sich mit diesem Satz hinlänglich erklärt hat, daß viel mehr auch nicht zu sagen ist, lauscht nicht. Songtitel wie „Super Pop Peep Show können da nicht mehr überraschen. „Wir stehen auf dem Tablett, alle gucken uns an, und wir haben uns auszuziehen, im übertragenen Sinne“, sagt Miss Megatrance voll des analytischen Einblicks. „Das Ding mit dem Image“ zu überspitzen sehen sie als ihre Mission an. Dazu gehört auch der scheinbar dem Kaugummi-Automaten entsprungene Madonna-Button an des Gitarristen Revers, der zugegebenermaßen „erst vor kurzem auf dem Flohmarkt“ erstanden wurde. Macht ja nix, die Geste stimmt. Der schönste Satz des Tages entflieht dem Mund von Bassist Rob Zoom: „Wenn du heute anfängst über Musik zu reden, ist ja schon alles verloren.“ Wenn man es trotzdem versucht, gibt es zur Belohnung eine schöne Binsenweisheit, nämlich daß in der Musik heutzutage „Diebstahl notwendig“ sei. Die Rede kommt auf „Trend-Musik“ und „Schnellebigkeit“. Ängstliche Nachfrage von Miss Megatrance: „Hat es für Dich auch was eigenes?“ Antwort: Ja, die Drastik.“ Darauf Miss Megatrance: Ja, das ist doch o.k.!“ Benjamin v. stuckrad-Barre