Das Lachen in den Knochen
Der Tag, an dem die Musen starben“, hieß es 1992, nachdem Tanya Donelly bei Throwing Muses, der Band ihrer Halbschwester Kristin Hersh, ausgestiegen war, um Belly zu gründen. „Das Ende der Musen?“, fragten sich die Anhänger der Bostoner Formation bange, als sie 1994 ein akustisches Solo-Werk von Hersh in den Händen hielten. Doch Totgesagte leben bekanntlich länger, und so darf man freudig vermelden, daß die Throwing Muses mit „University“ das neunte Album ihrer inzwischen zwölfjährigen Karriere veröffentlicht haben.
Als Kristin Hersh 1982 ihre Band gemeinsam mit Tanya Donelly und Drummer David Narcizo aus der Taufe hob, da war sie erst 15, doch wie fast alle Teenager total auf Musik fixiert. „Wenn wir übten, dann konnten wir es oft nicht fassen, daß da durch uns Musik entstand. Musik war uns heilig. Anderseits kannten wir niemanden, der sich um das Image oder das Marketing kümmerte. Wir dachten ganz schlicht, daß Musiker so etwas nicht tun. Musiker machen statt dessen die Leute glücklich. Das war unser erklärtes Ziel. Doch dann hatte Tanya die Image-Pflege ziemlich geschwind raus. Sie wollte uns stylen, und sie wußte längst, wie man für Fotos posiert. Doch als sie dann weg war, da hatte ich davon noch immer keinen Schimmer. Ich kann mich halt nur auf eines konzentrieren: auf Musik!“ Äußerst selbstbewußt haben die Musen ihr jüngstes Werk im Alleingang produziert, „weil wir einfach nicht länger auf all die Erklärungen warten wollten“, sagt Kristin. „Wir waren gefordert, uns nun selbst die Antworten zu geben, wenn uns mal wieder ein blöder Fehler unterlaufen war.“ Hersh, ihre Söhne Dylan und Ryder, der agile David sowie der Bassist Bernard Georges schufteten sechs Monate, wobei es die zwei Kinder allerdings vorzogen, mit dem Hund im Park zu spielen.
Wie so vielen Liederschreibern fallt es auch der 27jährigen Kristin schwer, über ihre eigenen Songs zu sprechen, in denen Düsteres heiter klingt, und kleine Tode wie große Sehnsüchte erscheinen. „Bevor mir überhaupt klar wird, daß da ein Song entsteht, lassen mich die Lieder in Situationen und Orte geraten, die durchaus gefährlich sein können. Oder glücklich. Oder gar dumm. Diese Erlebnisse lassen mich die Songs schreiben. Dann schubsen sie mich so lange herum, bis das Lied schließlich fertig ist.“ Kristin Hersh weiß nur die eine Energie-Lösung für ihr Leben zu nennen: „Mein Jüngster hat mir neulich Folgendes vorgeschlagen: „Mami, wenn Du loslachen willst, dann behalte das Lachen mal drin, und guck mal, wie sich das anfühlt. Eines Tages fühlst Du das Lachen in den Knochen.“