Das Heulen der anderen
Das einzig Doofe an der sonst tollen Berliner Band Super 700 ist der Name. Weil er eine falsche Fährte in Richtung Elektro-Deutschpop legt und Super 700 weder deutsch singen noch Elektropop machen. „Aber“, sagt Bassist Michael Haves, und Sie ahnen vielleicht, was jetzt kommt: „Irgendeinen Namen braucht man halt.“ Ganz klar – wichtiger ist es ohnehin, über die Rätselhaftigkeit der Super 7OO-Musik zu reden.
Was beim erstem Hören leicht ins streberhaft Gymnasiastische tendiert – die Mitglieder haben fast alle Musik studiert, den Jazz-Hintergrund hört man -, nimmt einen immer mehr gefangen, ist ebenso verwirrend wie betörend-romantisch. Und melancholisch. Letzteres hat sie natürlich kommen sehen und eigentlich weiß sie es ja auch – „Scheiße, das ist wirklich so, oder?“ Ist es: Super 700-Sängerin Ibadet Ramadani trägt unfassbar viel Melancholie in ihrer Stimme. Man denkt beim Hören unweigerlich, dass sie eine von den Traurigen sein muss, vielleicht will man sie sogar beschützen. Allerdings wird dann ziemlich schnell klar, dass die Frau Schutz ebenso wenig benötigt wie Aufmunterung.
Trotzdem: Neulich ist die Band daran gescheitert, ein fröhliches Liebeslied zu schreiben. Ibadet, die ihr Alter nicht verraten mag und deren Stimme ein wenig an die junge Shirley Manson erinnert, lacht ertappt: „Mir fällt das auch immer wieder auf, und, ehrlich gesagt, wurmt es mich ein bisschen. Selbst mit den fröhlichsten Akkorden und Harmonien klingt meine Stimme immer noch traurig. Vielleicht ändert sich das ja, wenn ich Geld habe.“
Der Ramadani-Clan aus Albanien – neben Ibadet singen noch ihre Schwestern, die Zwillinge Ilirjana und Albana -, ist mit Mastermind Haves das zentrale Element der Band, eine Art Kelly Family für gehobene Indie-Ansprüche. Bei den Großeltern im Kosovo aufgewachsen, gehen die drei in Süddeutschland zur Schule, singen schon damals mit Leidenschaft gemeinsam Soul. Später studiert Ibadet, nach Aufenthalten in den USA und England, vier Jahre Gesang in Amsterdam. Die Wege der Schwestern kreuzen sich wieder, als Neu-Berlinerin Ibadet die anderen in die soeben mit Haves gegründete Band holt. Das war vor gerade einmal gut drei Jahren. Auf dem Weg von den Kleinstbühnen der Hauptstadt ins Büro des reaktivierten Tim-Renner-Labels Motor hat die Band seither einen beachtlichen Haufen namhafter Unterstützer eingesammelt, die den Musikern angeblich einer nach dem anderen zugeflogen sind. Vom treu ergebenen Manager über den Wir sind Helden-Produzenten Patrik Majer bis hin zu Renner selbst. Auch der vormalige Strokes-Produzent Gordon Raphael wurde auf die Gruppe aufmerksam und bot seine Hilfe an. Auf Anfrage erklärt der inzwischen in Berlin Lebende, dass ihn seit den Strokes niemand mehr so elektrisiert habe wie jetzt Super 700. Mit ihm nahm die Band nun ihr selbstbetiteltes Debütalbum auf.
Vorm Interview-Termin gab es erst acht der insgesamt elf Album-Tracks zu hören. Unter den fehlenden ist Ibadets Lieblingssong. Ein melancholisches Liebeslied.