Das große Umrüsten
DIE SZENE ERINNERT an eine Kunstvernissage. Im Halbdunkel der ehemaligen Kraftwerkhalle in Berlin-Kreuzberg sind auf hell erleuchteten Sockeln sechs Lautsprecherpaare aufgebaut. Keine konventionellen Kisten, sondern flache Schüsseln, die jeweils auf drei Beinen schweben.
Wie Zielscheiben für Designer-Bogenschützen schimmern die Oberflächen dieser Aktivboxen in den Farben einer skandinavischen Sommernacht. Der dänische Edelhersteller Bang & Olufsen präsentiert sein Sublabel B&O Play ganz bewusst im Umfeld von Musik und Mode; ihre Weltpremiere hatte die „Nordic Sky Edition“ während der Kopenhagener Fashion-Week. Flankiert von Docking-Stations für Mobilgeräte und flotten Retroboxen wird die Soundtechnik der nächsten Generation ausgerufen.
Handfester Hintergrund für solche Inszenierungen ist der rasante Wandel in Bereich der Heimanlagen. Smartphones und Tablets sind längst dabei, die bewährten Stereo-Kombinationen zu ersetzen. Zwar werden weiter konventionelle Anlagen vom Billigteil bis zur luxuriösen Hi-End-Kombination hergestellt. Drahtlose Soundsysteme via Handybetrieb drängen jedoch in alle Preiskategorien. „CD-Spieler sind bei uns Auslaufmodelle“, sagt der Mann von B&O Play und steuert mit seinem iPhone eine der kosmischen Scheiben an, die dank eines integrierten Klasse-D-Verstärkers mit sattem Klang daherkommen. Ein dezentes Sensorfeld an der Rückseite ermöglicht die Lautstärkeregelung am Gerät. Natürlich lässt sich diese auch per AirPlay oder AirPlay-Simulator erledigen. Im Wunschbild der Hersteller stehen künftig in allen Räumen mobil ansteuerbare Boxen -und die Paradestücke als Klangmöbel neben der Couchlandschaft: Fetischobjekte für die Streaming-Generation. Auf diesen Lifestyle-Effekt setzt auch Samsung, die eine ihrer per Bluetooth anzusteuernden „Soundbars“ gar mit einem Röhrenverstärker ausgestattet haben, um Klangqualitäten aus analogen Zeiten zu gewährleisten. Auch der TV-Flatscreen lässt sich auf diese Weise aufpimpen. Wobei sich die Formensprache der Wireless-Lautsprecher von den rechteckigen Wandquadern entfernt hat. Es gibt Säulen, Zylinder, flache Riegel, knuffige Klötzchen und mobile Schachteln für den Freiluft-und Partygebrauch.
Grundsätzlich lässt sich die Verbindung zwischen Smartphone und Mobilbox auch per Audiokabel herstellen. Über eine Distanz von bis zu zehn Metern läuft die Sache bequemer via Bluetooth. Mit Mobilgeräten ist das kein Problem, sollte aber der PC mit dem Musikarchiv am anderen Ende der Wohnung stehen, müssen die Boxen dementsprechend ausgerichtet werden. Der Strom für die Lautsprecher kommt per Batterie oder Akku, bei längerem Betrieb in der Wohnung auch übers Netzteil. Je nach Smartphone-Verbindung ist ein simpler Verbindungsprozess nötig. Ein kurzer Blick auf die Standards genügt meist: Auf Lautsprechern mit Airplay-Wiedergabe lässt sich Musik von Apple-Mobilprodukten oder auch vom Mac oder PC mit iTunes hören. Das verwendete Audiosignal, das im sogenannten „Apple Lossless Codec“ sendet, soll für die übliche CD-Qualität sorgen. Während Airplay eine geschlossene Veranstaltung ist, die nicht alle Hersteller unterstützen, verwenden andere Lautsprecher den offenen Standard DLNA. Auf diese Weise lässt sich Musik von verschiedenen Computern und Smartphones abspielen. Boxen mit mehreren Streaming-Versionen besitzen somit die größere Flexibilität. Die Bluetooth-Technik ist bei vielen Herstellern im Einsatz, auch für draußen ist Bluetooth die wohl funktionabelste Option. Beim Wohnungsbetrieb bietet AirPlay, das das heimische WLAN zur Übertragung nutzt, eine Reihe von (Klang-) Vorteilen.
Wer allerdings seine liebgewonnene Old-School-Anlage noch nicht ausrangieren, sondern erst mal mit den Streaming-und Abspielmöglichkeiten des Smartphones verknüpfen möchte, dem bieten sich günstige Übergangslösungen. Hersteller wie Belkin oder Logitech bieten ab 25 Euro schnurlose Musikadapter für Bluetooth-Geräte an. Eingestöpselt über den AUX-Eingang lassen sich die Mobilsounds durch den alten Verstärker jagen. Im Test erwies sich die Installation als unproblematisch, die Soundqualität ließ zu wünschen übrig. Hallige Vocals und die Mitten mogelten sich in den Vordergrund, was ein Nachregulieren im Smartphone-Frequenzbereich nötig machte. Der Weg zur optimalen Klanglandschaft verläuft verschlungen.