„Das Geheimnis meiner Superkraft“ von Alison Bechdel: Schuften fürs Selbst
In ihrer neuen Graphic Novel spricht der Comicbuch-Star mit großer Leichtigkeit über Sport-Lust und Fitness-Obsession.
Ich stelle Alison Bechdel im Regal zur Literatur. Bei den Comics wäre das Buch auch gut aufgehoben, irgendwo zwischen Philosophie, Soziologie und Gender Studies genauso. In den Buchhandlungen wird es in diesen Tagen vermutlich häufiger auf den LGBTQI+-Tischen zu finden sein.
Diese Uneindeutigkeit ist eine Qualität, die dazu führte, dass gerade in den letzten Jahren einiges gleichzeitig passierte. Aus ihrem ersten Buch, „Fun Home“ über ihren homosexuellen Vater, wird ein Musical am Broadway. Zur selben Zeit erlangt ihr Bechdel-Test (der Filme danach klassifiziert, wie viele Frauen darin auftreten und ob sie sich über etwas anderes als über Männer unterhalten) dreißig Jahre nach seiner „Erfindung“ Berühmtheit. Sie bekommt den MacArthur „Genius Grant“ zugesprochen, während gleichzeitig eifrige Sittenwächter ihre Comics aus den Schulbüchereien verbannen wollen. Welcome to Trump’s America.
Für ihr neues Werk verwebt Bechdel ihre persönliche Sportbiografie mit der allgegenwärtigen Fitness-Obsession („Pazifisten zahlen für Bootcamps, Feministinnen lernen Poledance, Geeks wuchten Treckerreifen“), Jack Kerouac und den Transzendentalisten des 19. Jahrhunderts.
Die romantisch-naturalistischen Ideen von Ralph Waldo Emerson und der hierzulande wenig bekannten Feministin Margaret Fuller sind der Stoff, aus dem Marketing-Agenturen den Überbau für neue Trendsportarten basteln. Geht es doch auch immer um die Überwindung des Egos, die Erlösung von unserer kümmerlichen weltlichen Existenz und den Einklang mit der Natur.
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Bechdel erwandert sich Kerouac buchstäblich und trinkt auch nicht entscheidend weniger als der Godfather of Beat. Ain’t no runner’s high high enough. „Das Geheimnis meiner Superkraft“ ist trotzdem von einer feinen Leichtigkeit durchzogen, die von Holly Rae Taylors Kolorierung unterstrichen wird. Sie lässt den Comic in zarten, wenn man so will, transzendentalen Pastelltönen erstrahlen.
Von Birgit Schmitz