Das Erbgut
Die Songs kann und muss man immer wieder auflegen, andere Ereignisse der Dekade sind nicht wiederholbar. Umso mehr haben auch sie unsere Welt verändert – ein Überblick
1 Das Sprühen
Nicht nur Fürstin Gloria von Thurn und Taxis verdankte den Ruhm entscheidend den glänzenden Dosen von Schwarzkopf, L’Oréal oder Drei-Wetter-Taft. Die 80er-Jahre gelten als Jahrzehnt des Haarsprays, aber auch Wet Gel, Haarlack, Schaum und andere Chemikalien trugen dazu bei, dass die saisonale Frisur hielt, die Disco-Mähne, das Vogelnest und der Metal-Vulkan. Die Entdeckung des Ozonlochs zeigte dann, dass nicht mal dieser Spaß ganz unschuldig gewesen war.
2 Die Slogans
„Choose Life“ ist die simple, gute Botschaft, und jeder erinnert sich an sie, weil George Michael das T-Shirt der Designerin Katharine Hamnett im Video trug. Die Bedrohungsszenarien, die in den 80ern durch Wettrüsten und Atomunfälle entstanden, entluden sich aber nicht nur im modischen Sloganeering à la „Frankie Say“: Auch auf den Versammlungsplätzen blühte der tatsächliche zivile Widerstand.
3 Die Räder
E.T. hätte nie gerettet werden können, wenn die Kinderbande über weniger schnelle, robuste Fahrräder verfügt hätte. BMX-Bikes waren in den USA Ende der 60er aufgetaucht, Anfang der 80er wurden die Cross-Räder auch im Rest der Welt vorübergehend zur Standardausrüstung junger Fahrer, Pseudo-Akrobaten und Angeber.
4 Die Jugend
Der große Gratis-Psychotest: Welcher „Breakfast Club“-Typ bist du? Mit seinem Filmklassiker von 1985 zeigte John Hughes den Pausenhofalltag als Rollenspiel (v.l.) : Coolman (Judd Nelson), Düstermädchen (Ally Sheedy), Sportler (Emilio Estevez), Königin (Molly Ringwald) und Streber (Anthony Michael Hall) kommen irgendwie klar. Leider schaffte keiner aus dem „Brat-Pack“ die große Karriere.
5 Der Schweiß
Gegen heftige Transpiration beim Aerobic-Trendsport halfen neonfarbene Schweiß- und Stirnbänder, auch die Stulpenstrümpfe waren zu irgendwas gut. Großstadtstraßen sahen bald wie Fitness-Studios aus.
6 Die Uhr
So rettete die Macht der Mode die Chronometer-Industrie: Als letztes Aufbäumen gegen die gewachsene japanische Marktmacht brachte die Firma Eta Anfang der 80er die Swatch heraus. Slogan: „die verrückte Schweizer Uhr“. Material: Plastik. Dass eine Armbanduhr die Aura des Unvergänglichen braucht, war schon 1985 widerlegt, 10 Millionen verkaufte Stück und fast so viele Modefarben später.
7 Der Tonträger
„52nd Street“ von Billy Joel war 1982 die erste CD-Veröffentlichung. Und wer die feierliche Wallung erlebt hat, in die Menschen in Phonozimmern kamen, wenn die Bässe plötzlich ganz tief und die Höhen unglaublich hoch waren – der mag immer noch nicht wahrhaben, dass diese famose Technologie der Schuss ins Bein der Musikindustrie gewesen sein soll. Immerhin hörten ihn damals alle.
8 Die Anzüge
Dem außergewöhnlichen Kleiderschrank von Richard Gere wurde 1980 im Film „American Gigolo“ eine intensive Sequenz gewidmet – hinterher kannte jeder Giorgio Armani, der die schönen Stücke geschneidert hatte. Designernamen wurden zu Popwissen, Kleiderlabels trug man gut sichtbar – nachzulesen 1991 in Bret Easton Ellis‘ „American Psycho“.
9 Der falsche Fake
Wenn die Roboter immer menschlicher werden – müssen dann auch die Menschen immer roboterhafter werden, damit man sich in der Mitte trifft? TV-Moderator Max Headroom wirkte wie ein Digital-Avatar, war aber ein Schauspieler mit Latex-Maske. Ein bisschen zu echt, das Ganze.
10 Der Feind
Kohl war verpönt, aber gehasst wurde nur er: Der von 1978 bis 1988 amtierende bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß löste mit seinen Reden und Winkelzügen so viel Volkszorn und politischen Protest aus, dass man ihm posthum fast dankbar sein muss.