Das Alltägliche neu verpackt
Die Stories, die das Day One-Debüt erzählt, spielen vor unserer Haustür. Faszinierend macht sie erst die HipHop-, Folk-, Jazz- und Streicher-Mixtur
Von mir aus könnten die noch öfter nachschenken“, sagt Phelim Byrne und nimmt erneut einen kräftigen Schluck Rotwein. Sein Partner Donnie Hardwidge nickt zustimmend. Sie sind ja schließlich Profis. Denn lang genug haben sie in Bristol die „Freuden“ der Gastronomie ausgekostet, Donnie als Barkeeper, Phelim als Tellerwäscher. Nachdem sich die beiden 1998 in einem Keller-Gub, in dem gejammt, gefreestylt und improvisiert wurde, über den Weg gelaufen waren, tat man sich bald darauf zusammen: erst als in der gleichen Kneipe schuftendes, dann als trinkendes und zu guter Letzt als musizierendes Team. Jetzt haben Day One mit „Ordinary Man“eines der besten Alben des noch recht jungen Jahres herausgebracht.
Eine zunächst verblüffende Mixtur aus HipHop, Folk, Jazz und String-Arrangements, die aber in einem neuen Songwriterstil resultiert, der die beiden spontan und entspannt die unglaublichsten Geschichten aus dem ganz normalen Alltag erzählen lässt.
„Die interessantesten Leute führen oft ein erstaunlich gewöhnliches Leben. Mir haben so viele Menschen Geschichten erzählt, aus denen man einen Bestseller machen könnte! Aber diese Leute haben ja keine Plattform, keine Stimme, oder wissen nicht, wie sie sich artikulieren sollen“, sagt Phelim, dessen Geschichten selbst erlebt oder dem Alltag abgelauscht sind.
„Als Songwriter musst du immer eine gewisse Distanz wahren, musst Beobachter sein. Deshalb sind die meisten der Songs in der dritten Person geschrieben. Kein ständiges ,ich, ich, ich‘, denn die Konzentration auf eigene Befindlichkeiten hält dich von einer Auseinandersetzung mit der Welt da draußen eher ab. Du lamentierst andauernd, wie sich die vermeintlich böse Welt dir gegenüber verhält, obwohl es doch nur darauf ankommt, wie du dich der Welt gegenüber verhältst.“
Sich so bodenverhaftet und in gelassener hobo-b-boy-attitude dezentral mit dem jeweiligen Subjekt auseinandersetzen zu können, das kommt bei Phelim nicht von ungefähr. Sein Vater war in den 60er Jahren ein bekannter irischer Musiker, und so erfuhr der Sohn Musik von Kindsbeinen an als soziales, interaktives Ding. Seine Vorliebe für Worte und die Simplizität des Folk fand er später im HipHop wieder, Donnie hingegen schulten eine Pianoausbildung und die riesige väterliche Plattensammlung.
Das erste Day One-Demo wurde dem Massive Attack-Label Melankolik zugespielt und landete schließlich beim Beastie Boys-Produzenten Mario Caldeto Jr., mit dem sie letztes Jahr fünf Tracks des Albums neu mixten. „Ab diesem Punkt wussten wir, dass unsere Musik kein Traum, sondern Realität war: Wow – wir werden nicht für den Rest des Lebens Teller waschen.“