Darf’s noch ein Pfund mehr sein?
Das Album ist tot, lang lebe die Luxusausgabe! Die Plattenindustrie mimt seit geraumer Zeit das Boxenluder und liefert Fanfutter zum stolzen Preis.
In Zeiten von Downloads und MP3s gewinnen sie zunehmend an Bedeutung: Remastered Versions, Special Editions, DeLuxe Editions und Box Sets. Genügt vielen Musikhörern meist eine normale CD, der Einkauf bei Musicload oder im iTunes-Shop, so sehnt sich der wahre Fan nach Editionen mit Mehrwert. Zumindest glaubt das die Musikindustrie, die seit einigen Jahren mehr oder minder betagtes musikalisches Kulturgut in immer neuen Variationen auf den Markt wirft. Jüngstes Extrembeispiel: das Debüt-Album der Gruppe Pearl Jam aus dem Jahr 1991. „Ten“ wurde nicht nur remastered und besonders hübsch verpackt, es gibt das Werk gleich in mehreren Versionen: als Legacy Edition (2 CDs), als DeLuxe Edition (2 CDs, 1 DVD) und als aufwändige Collector’s Edition für 120 Euro (2 CDs, 1 DVD, 4 LPs, 1 Kassette plus diverser Schnickschnack, darunter ein Replikat von Eddie Vedders Notizbuch). Der kompromisslose Fan soll alle drei Versionen kaufen. Und sich darüber freuen, dass er nun seine komplette Unterhaltungselektronik mit Pearl Jam füttern kann.
Aber auch Neuerscheinungen werden aufgemotzt: „Sounds Of The Universe“ von Depeche Mode erschien unlängst als normale CD, als Special Edition mit zusätzlicher DVD und als DeLuxe Box Set mit, man ahnt es schon, 3 CDs, 1 DVD, zwei Foto-Büchern, Postkarten, Ansteckern, Poster und – wow! – einem Echtheitszertifikat. Und demnächst gibt es ein 10-Disc-Box-Set mit allen Werken der Band Placebo.
Ob das alles helfen wird, die CD am Leben zu erhalten? Inzwischen feiert ein ganz anderes Format bescheidene Erfolge: die Vinyl-LP. Doch selbst die wird mittlerweile mitsamt CD oder Downloadgutschein ausgeliefert. Sicher ist sicher.