Dafür sind Freunde da
EIGENTLICH WOLLTE er immer nur an den Broadway. Mindestens zehn Anläufe hat Jimmy Webb unternommen, um ein vernünftiges Musical auf die Beine zu stellen. „Irgendetwas kam immer dazwischen. Nun arbeite ich erst einmal an einem Projekt namens ‚MacArthur Park‘ – meine größten Erfolge, zusammengestellt für das Volk der Musical-Touristen.“ Der 67-Jährige seufzt: „Viele wissen ja gar nicht, dass all diese Hits von mir stammen.“
Dabei handelt es sich bei diesem Mann um einen der erfolgreichsten und auch besten Songwriter aller Zeiten. In seiner Liga haben allerhöchstens noch Burt Bacharach, Brian Wilson und Harry Nilsson eine Startberechtigung. Mit 21 Jahren schrieb Webb für The 5th Dimension -unter anderem -den Top-Ten-Hit „Up, Up And Away“. Im gleichen Jahr verhalf Glen Campbell mit seiner Version „By The Time I Get To Phoenix“ zu Weltruhm -nur läppische zwei Songs wurden in den letzten 50 Jahren weltweit häufiger gespielt als dieser. Donna Summer, Frank Sinatra, Elvis Presley, Barbra Streisand, R.E.M. – sie alle zehrten von den unerschöpflichen Songbeständen des Jimmy Webb.
Wem das alles bisher verborgen blieb, muss allerdings nicht zwingend der Premiere von „MacArthur Park“ harren. Gerade hat der Sohn eines Priesters für „Still Within The Sound Of My Voice“ sein Songbook aufgeschlagen und knüpft sich darauf größtenteils weniger bekannte seiner Kompositionen vor -zusammen mit prominenten Gästen wie Carly Simon, Brian Wilson, Keith Urban, David Crosby und Graham Nash. Mit America spielte er darüber hinaus „Rider From Nowhere“ ein, das einzige neue Stück. Nach dem ebenfalls mit den Besten der Besten aus Nashville aufgenommenen „Just Across The River“ von 2010 ist dieses geschmackvolle Album bereits die zweite Duett-Parade hintereinander.
„‚Just Across The River‘ funktionierte so gut, dass meine Plattenfirma E1 Music mir nahelegte, noch einmal etwas Ähnliches zu versuchen. Ich merke am Anfang gar nicht, dass ich an Duetten arbeite -bis ich plötzlich all diese Leute im Studio treffe. Bei diesen Aufnahmen war ich sehr locker, habe so gesungen, wie ich spreche.“ Und in seiner bescheidenen Art fügt Webb an: „Ein paar gute Momente habe ich doch durchaus auf der Platte.“
Das derzeit etwas arg inflationäre Recycling seines Repertoires soll damit ein vorläufiges Ende finden. Neues Material sei hiermit für nächstes Jahr zugesagt: „Ich habe keinen Writer’s Block, arbeite immer an mehreren Songs gleichzeitig. Heute schreibe ich aus der Perspektive eines lebenserfahrenen Individuums -über all die sozialen, politischen und persönlichen Veränderungen.“
Heute vermisst Webb vor allem die Labels, die sich mit Hingabe um ihre Künstler und ihre Musik kümmerten: „Es gibt sie einfach nicht mehr. Heute wird das Business von zynischen Geschäftsleuten beherrscht, die alles bis zum Erbrechen ausschlachten, und Rechte verticken, die ihnen gar nicht gehören. Ihr beschwert euch, dass es heute keine gute Musik mehr gibt? Es hat ja auch niemand mehr handwerkliches Können gefördert. Und es ist genauso an der Zeit, dass wir Urheber uns wieder unser Recht verschaffen.“
Bei der Auswahl seiner Partner für „Still Within The Sound Of My Voice“ verließ sich der bei New York lebende Amerikaner auf alte Freunde und seine „musikalische Familie“. Als einziger „Außenstehender“ schaffte es Justin Currie, ehedem Del Amitri, beim Meister vorzusingen. „Mein Produzent Fred Mollin spielte mir seinen Song ‚What Is Love For?‘ im Auto vor. Da dachte ich:,Wollen wir den nicht zu einem Familienmitglied erklären?'“