Crazy

Vor knapp zwei Jahren hatte Benjamin Lebert mit „Crazy“ das Buch der Saison geschrieben, und nicht wenige schüttelten ihr Dichter- und Denker-Haupt über das Bohei um den Erguss eines – auch noch halbseitig gelähmten – 17-Jährigen, der schlicht die Tag- und Albträume seiner Initiation schilderte. Die Filmrechte waren dann schnell verkauft, und auch das hat der deutsche Kinobetrieb mittlerweile gelernt: Für die Abspannmusik wurden die Teenie-Popstars Echt verpflichtet, die Rio Reisers, Julimond“ covern.

Es hätte schlimmer enden können. Doch Hans-Christian Schmid hat bereits mit der Komödie „Nach fünf im Urwald“ und dem Hacker-Drama „23“ bewiesen, wie man unterhaltsam und einfühlsam zugleich Geschichten über Jugendliche erzählt. Mit seine Adaption will er nun nicht das komplett wahre Leben heutiger Teenager einfangen. „Crazy“ fokusiert für einen Sommer präzise und pointiert jenen Abschnitt, als jeder die Schule an meisten gehasst hat, weil sein jungfräulicher Trieb zum Brüllen peinlichen Versuchungen erliegt Etwa wenn man verschämt mit einem Pornoheft an der Supermarktkasse steht; wie man onaniert und dabei eifrig die Seiten umblättert; dass dann naturgemäß eine Mathe-Aufgabe unlösbar ist und an der Tafel immer die Kreide abbricht. Das ganze Elend halt Benjamin (Robert Stadiober) ist bereits vier Mal sitzen geblieben und soll am Internat seine letzte Chance nutzen. Er wird in eine Clique mit den üblichen Charakteren aufgenommen. Es gibt einen Dicken, einen Schweiger, ein paar Mitläufer und Janosch (Tom Schilling), den hübschen Sprücheklopfer. Dann ist da noch die „makellose“ Malen (Oona Devi Liebich), Benjamins und Janosch‘ Objekt des Begehrens. Einmal stellen sich die Jungs vor einem Nackfoto im Kreis auf und versuchen, auf einen Keks zu wichsen. Die Szene, pfiffig unterlegt mit Scratchklängen, ist ein Höhepunkt unbeschwert-pikanter Komik.

Die Darsteller sind wundervoll, vor allem Stadiober spielt mit melancholisch-eifersüchtigem Blick gänzlich ungekünstelt. Benjamin stellt sich anfangs als“Krüppel“ vor. Man kann das auch als Metapher nutzen für das bittere Gefühl, dass Mädchen stets das Gerangel mit forschen Typen dem schüchternen Gespräch vorziehen. Die Kids werden kaum in dieses subtilere Äquivalent zu „American Pie“ strömen. Alle anderen sind verpflichtet.

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