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Arne Willander schaut fernKolumne

Coneheads für Baku!

Acht Sendungen brauchte es bei ARD und ProSieben, um eine Maus zu gebären - der wahre Star ist Alina Süggeler. Zu diesem Fazit kommt Arne Willander in seiner TV-Rubrik nach dem Finale von "Unser Star für Baku".

Hätte man die acht Sendungen komplett verschlafen und wäre gestern abend aufgewacht, so wähnte man sich womöglich auf einer Reise in unendliche Weiten, begleitet von drei Coneheads auf Drehsesseln, die immerzu Sachen sagen wie: „Und dann wirst du groß, weißt du“, „du hast einfach zu dir gestanden, du warst gut zu dir“, „du hast sowas von abgeliefert“, „das steht anderen Songs, die auch auf portugiesisch geschrieben sind, in nichts nach, „die du von Kopfstimme auf Bruststimme umschaltest und wieder zurück“, „ey, du bist ganz weit da draußen“, „da hast du noch mal eine Schippe draufgelegt“, „ich sehe überall Leuchten“, „du hast mich wirklich bewegt, echt“. Die Space Odyssey hieß „Unser Star für Baku“, die jüngste Modifikation von Stefan Raabs Reichsparteitag – in der Einführung zur letzten Sendung war noch einmal von der „nationalen Sache“ die Rede. Ohne Augenzwinkern. Oder mit sehr kleinem Augenzwinkern.

Die drei Juroren mit schütterem Haupthaar und dem Formulierungsfuror eines durchgedrehten Übersetzungsprogramms  hatten den Publikumszuspruch bereits auf 1,2 Millionen gesenkt, als schließlich zwischen den Finalisten Ornella de Santis und Roman Lob entschieden wurde. Zwar wusste man vorher, dass Lob gewinnen würde, doch die sogenannte Blitztabelle irrlichterte immerzu um die 50 Prozent herum. Ornella, die sich nur knapp qualifiziert hatte, ertrug das zähe Procedere mit einer Leidensmiene zwischen Celine Dion und Désirée Nick; Roman gab sowieso immer das treuherzige Robbenbaby mit dem Blick ins Ungefähre. So viel Metrosexualität war nie beim Liederwettstreit!

Am Ende wurde tatsächlich auch ein Lied gewählt, nicht nur ein Sänger. Acht quälende, gestreckte, redundante Sendungen brauchte es, um eine Maus zu gebären: Auf Roman Lob hätten sich die drei Dampfplauderer auch ohne Publikum in einer gemütlichen Kölsch-Kneipe einigen können. Der Song ist passabler Durchschnitt. Zwar mag man Lena Meyer-Landrut mittlerweile nicht mehr hören – aber der Baku-Wettbewerb bewies noch einmal, dass der Zauber nicht befohlen und auch nicht, Achtung: gevotet werden kann. Da konnten sich die Bewerber noch so oft auf- und artig vorstellen: Schon unter den letzten zehn Bewerbern war kein Kandidat, an den man sich übermorgen noch erinnern würde.

Faszinierender als die Schnulzen und „Power-Balladen“ (Stefan Raab) waren die verbalen Schmusespiele der drei Coneheads. Nie war Konkurrenz so kuschelweich wie bei Alina Süggeler, die im Hauptberuf bei einer Gruppe namens Frida Gold singt. Der Gefühligkeitsjargon aus Therapiesitzungen fand in dieser Frau in stets hauteng sitzenden Saitlingen eine entzückende Adeptin: Sie fühlte so sehr, da war so viel, sie spürte so sensibel – eine Wärme breitete sich im Sonnengeflecht aus. Nicht einmal der Hippie Thomas D., Präsident der Jury, konnte diese Ströme von Empathie überbieten. Aber empathisch war er auch. Und der sonst prosaische Stefan Raab rang sichtlich mühevoll mit krampfiger Lyrik und Produzentengewäsch.

Wie unnötig die Prozedur war, zeigte zum Abschluss der Auftritt von eben jenen Frida Gold. Ein paar Knechte mit Instrumenten standen im Halbschatten herum, und Alina Süggeler sang strahlend irgend etwas wie „Wovon sollen wir träumen?“, wir gehen durch fremde Hände, keine Ahnung, worum es da geht – aber diese Frau schlenkerte noch einmal mit den Armen, drehte sich wie ein Androidin, blies in eine Melodica und haute schließlich auf eine Trommel. Unser Star für Baku: Die skurrile, die empfindsame, die verrückte Alina Süggeler wäre es gewesen! Sie ist die Antwort auf die Frage, wovon wir träumen sollen bei einer Show der traumlosen Talente.   

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