Chris Isaak
Der nostalgische Crooner lebt gut mit seinem Image und hat nach sieben Jahren ein neues Album.
Zwanzig Jahre nach „Wicked Game“ sieht Chris Isaak immer noch aus wie der kleine Bruder von Elvis. Auch sein jüngstes Album „Mr. Lucky“ läuft über vor herzzerreißenden Balladen, swingenden Surf-Gitarren und einer altmeisterlichen Rock-Eleganz. In Cowboystiefeln, Jeans und rosa Hemd empfängt mich Isaak mit einer großartigen Coverversion von „You Really Got A Hold On Me“, einem alten Hit der Miracles. Begleitet wird der passionierte Surfer und Songwriter dabei von seinem langjährigen Schlagzeuger, Backingsänger und Sidekick Kenney Dale Johnson. Es ist nicht der letzte Song, den die beiden an diesem Nachmittag spielen.
Tolle Version…
Danke, Danke, dabei spielen wir den Song normalerweise nie, das ist unser Füllmaterial für Notfälle.
Ihr neues Album trägt den Titel „Mr. Lucky“- sind Sie vielleicht selbst dieser Glückspilz?
Wer sonst? Ich singe seit 25 Jahren für meinen Lebensunterhalt. Klar, ich habe auch mal ein paar Beulen abbekommen, aber grundsätzlich ging es mir dabei immer prächtig. Wenn Gott morgen zu mir käme und mich fragen würde „Chris, brauchst du noch was?“, dann würde ich sagen: „Nein, danke, Gott, mir geht’s prima, meinen Weihnachtssocken hast du doch längst gefüllt.“
Bei Songtiteln wie „You Don’t Cry Like I Do“ könnte man allerdings auf andere Gedanken kommen…
Herzschmerz und Liebe sind doch nur zwei Seiten eines Spiels. Wenn man im Leben nicht mehr Sorgen hat als ein bisschen Liebeskummer, geht’s einem doch prächtig. Andere Menschen haben eine viel schwere Last zu tragen: Eine Freundin von mir hatte neulich einen chirurgischen Eingriff an der Blase. Sie musste sich entscheiden, ob sie in Zukunft lieber durch einen Schlauch pinkeln möchte oder in einen Behälter, der an ihrer Seite befestigt ist. Das sind die wirklichen Tragödien.
Sie leben seit Ewigkeiten allein in ihrem Haus in San Francisco- fühlen Sie sich da nicht etwas einsam?
Manchmal, aber es gibt einen kleinen Song, der mein Leben ganz gut beschreibt: (er greift routiniert zur Gitarre und fängt an zu spielen, als sei’s ein Hollywoodfilm, Drummer Kenney stimmt ein) „I got spurs, that jingle jangle jingle, as I go ridin‘ merrily alone. And they sing: ‚Oh ain’t you glad you’re single?‘ And that song ain’t so very far from wrong.“ Ich liebe diesen Song. Manchmal stelle ich mir tatsächlich vor, wie es wäre, mit jemandem zusammen zu sein. Aber dann, wenn ich wieder mal um vier Uhr nachts in Unterwäsche durchs Haus laufe und Cornflakes esse, denke ich: Klasse, hier kann ich machen, was ich will!
Genießen Sie Ihr Image als romantischer Einzelgänger?
(mit markiger Stimme) Glauben Sie mir, das ist kein Image, ich bin wirklich ein einsamer Wolf auf der Straße. Sollte eine Frau in die Nähe meines Hotelzimmers kommen, besteht die Gefahr, dass man sie nie mehr wiedersieht. Selbst das Zimmermädchen legt die Handtücher am Ende des Flurs ab. Zu ihrer eigenen Sicherheit… (lacht)
Kommen wir lieber zu Ihren Songs, die immer ein wenig so klingen, als würden Sie den guten alten Zeiten nachtrauern…
Für mich ist die Gegenwart die Zeit, in der ich leben möchte, keine Frage. Aber ich liebe alte Filme, und ich mag alte Aufnahmen. Früher hat man die ganze Band gleichzeitig in einen Raum gesteckt und mitgeschnitten, der Gesang kam dann „on top“. Das ist toll, weil man dadurch die Verbundenheit der Musiker miteinander spürt.
Für das neue Album haben Sie sogar noch die Illustrationen gezeichnet. Ist es wahr, dass Sie ein Kinderbuch veröffentlichen?
Na, ich weiß nicht so recht, ob das hier etwas für Kinder ist. (Er greift in eine Tasche und holt ein Buch mit nicht gerade jugendfreien Zeichnungen heraus). Ich habe Tonnen von diesem Kram. Als ich bei mir zu Hause das Artwork für „Mr. Lucky“ zeichnete, kam überraschend meine Managerin mit ihren beiden zwölfjährigen Neffen vorbei. Es ist ja schön, wenn Kinder still sind, aber diese Kids waren einfach zu lange zu still. Als wir nach ihnen schauten, saßen sie nebenan und betrachteten begeistert meine Skizzenbücher mit all den nackten Girls. Das könnte ich glatt einem Verlag anbieten: ein Kinderbuch für zwölfjährige Jungs.
In den letzten 20 Jahren konnte man Sie immer wieder als Schauspieler in Filmen von David Lynch, Jonathan Demme und anderen bekannten Regisseuren bewundern. Zuletzt waren Sie in „A Dirty Shame“, dem jüngsten Film von John Waters, zu sehen. Mögen Sie seinen schrägen Humor?
Ich liebe John Waters, und er ist ein guter Freund. Letztes Jahr rief er mich an: „Chris, hast du meine Weihnachtskarte bekommen? Es war ein Foto von ihm mit einem Baby im Arm und der Aufschrift „Merry Christmas!“. Doch das war kein normales gesundes Baby, sondern ein hässliches, gruseliges…Ding. Ich wusste zwar, dass John schwul ist, aber er könnte ja ein Kind adoptiert haben. Während ich verlegen vor mich hin stammelte, fing John an zu lachen: „Oh mein Gott, Chris, es ist nicht, was du denkst- es ist bloß ein Gummi-Baby. Die sind wahnsinnig teuer, weil sie so echt aussehen. Ich fand, das ist eine hübsche Idee für eine Weihnachtskarte.“