Cerys Matthews zog es nach dem Ende von Catatonia in die Einöde
Manchmal sind Musikjournalisten doch zu etwas nütze. John Harris darf sich immerhin auf die Fahne schreiben, wesentliche Impulse für die zigste Läuterung der Pop-Historie geliefert zu haben. Voilà, hier kommt Cerys Matthews, die Ex-Skandalnudel des UK-Popbetriebs als sanft-resolute Naturfrau, die von den Insekten und Vögeln in amerikanischen Wäldern schwärmt, als hätte sie ihre Jahre bisher nur unter Tage zugebracht. Und das kam so.
Das Ende von Catatonia vor knapp zwei Jahren: soviele Möglichkeiten, „a lot of freedom“, und dieser Haufen Traditionais, den Matthews schon zu Bandzeiten als „mein kleines Projekt“ betrachtete, während sich die anderen „mit akustischen Instrumenten und alten Songs nie so wohl fühlten“. Ihr selbst gefiel es nicht so recht, dass viele dieser am britischen Folk geschulten Songs am Ende viel zu affektiert klangen. Auftritt Harris. Lange Gespräche unter Freunden. Gemeinsame Reisen an die Quellen, durch sieben US-Staaten, Gram Parsons und The Band im Auto-Player. Matthews weiß jetzt, sie muss die Platte dort machen, auf der Suche nach dem „organischen Studio-Groove.“ Dann brauche sie einen Bandleader, sagt Harris. Und schlägt Bucky Baxter vor.
Den kennt man als Musiker in Diensten von Earle, Dylan, zuletzt Adams (Ryan). Problem war nur: Baxter bastelte noch an seinem Studio. Erst Ende August konnte es losgehen. „In London hab ich aber niemandem gesagt, dass es noch kein Studio gibt.“ Matthews lacht laut auf. „Bucky ist einfach ein Mann, an den man glauben muss.“
Derweil machte sie ihr ganz eigenes Girls Camp auf – in einer Hütte nebenan, ohne fließend Wasser. „Ich wollte nicht bewußt ein old Urne feeling rekreieren, es war aber die einzige Möglichkeit dort.“ Kein Hotel in der Nähe? „Zu nah an der Stadt. Ich wollte in den Bergen bleiben.“ Mit ganz viel Zeit für neue Songs. „Als Bucky die hörte, fragte er: Warum willst du nur alten Kram spielen, wenn der neue wirklich gut ist?“
So blieb von dem Haufen Traditionais für „Cockahoop“ nur eins übrig, die alte walisische Hymne „Arglwydd Dyma Fi“, auf einem Album, das trotzig und positiv sein sollte, nicht zynisch und clever. Das nächste Projekt? Sehr bald erwartet Cerys Matthews ihr erstes Kind mit Ehemann Seth. Vermutlich aber nicht in den Bergen und Wäldern von Tennessee.