Celentano

Bei Adriano Celentano bleibt alles beim alten: Er macht nie das, was man erwartet. Ab Anfang der 60er Jahre die Italo-Charts vor Amore-Schmalz nur so trieften, sang er Rock. Paolo Contes „Azzurro“ machte er zur heimlichen Nationalhymne, mit „Prisencolinensinainciusol“ rappte der Mann, der mit 18 einen Jerry-Lewis-Imitatoren-Wettbewerb gewann, als Rap noch keiner kannte. Vor kurzem veröffentlichte der „Wortführer der kollektiven Frustration des italienischen Volkes“ („La Repubüca“) sein Meisterwerk „Arrivano Gli Uomini“ (Hier kommen die Menschen). Und wieder einmal geht es um Frauen, Gott und die Welt. Worum sonst?

Du bist nicht gerade der Prototyp des Italo-Beaus, aber die Frauen lieben Dich. Singst Du daher über Frauen, die im Rock die Gartenarbeit verrichten?

Nun, das Feminine scheint allmählich zu verschwinden, wie z. B. die Kleider und Röcke. Ich brauche das typisch Weibliche, um mit Frauen besser kommunizieren zu können. Ich empfinde sie sonst zu stark als Konkurrenz. Männer in Kleidern würden mich auch nervös machen. Ich hab da so meine Probleme. Frauen sind für mich die beste Erfindung des Schöpfers. Gott wollte die Perfektion und schuf die Frau.

Du bist gläubiger Christ, trägst das Kreuz nicht nur zum Schmuck und reist manchmal sogar mit eigenem Priester. Woher stammt Deine tiefe Religiosität?

Ich glaube an Gott und Jesus Christus, nicht an die Regeln der Kirche. Allerdings gehe ich jeden Sonntag zur heiligen Messe. Und ich achte sehr auf das, was der Priester predigt Wenn er sinnvoll gesprochen hat, dann applaudiere ich leise. Hat er Unsinn geschwafelt, dann gibt’s hinterher eine heftige Diskussion.

Was heißt eigentlich „Prisencolinensinainciusol“?

Das heißt gar nichts. Kompletter Unsinn. Ich wollte einfach nur mal totalen Quatsch singen, aus dem sich jeder seinen eigenen Reim machen kann. Vorher hatte ich immer Songs mit bedeutungsvollen Texten gemacht, sozialkritisch, gegen Drogenmißbrauch oder gesellschaftliches Unrecht Jetzt wollte ich mal albern sein. Zufällig ist dabei der erste Rap überhaupt rausgekommen.

Seit nunmehr 34 Jahren existiert Deine Firma „Clan Celentano“ mit über 200 Angestellten, die alle nur für Dich arbeiten. Wie schwer ist es für Superboß Celentano, als Schauspieler auch mal den Regieanweisungen eines anderen zu folgen?

Zunächst mal gibt es zwei Gründe, warum ich immer mein eigener Boß sein wollte: Nur so kann ich zeigen, was alles in mir steckt Und zu Hause kann ich in meinem eigenen Studio jederzeit arbeiten. Ich will selbst bestimmen, was die Leute von Celentano zu sehen und hören bekommen. Ein anderer würde komplett den Überblick verlieren. Als ich meine Uhrmacherlehre absolvierte, mußte ich natürlich das tun, was der Chef von mir verlangte. Ich war höflich und hab’s brav gemacht Das war vor 44 Jahren. Danach nie mehr Frank Sinatra gilt als einer Deiner größten Bewunderer. Vor 20 Jahren lud er Dich ein, in die USA zu kommen, um Weltkarriere zu machen. Was an Deiner Angst vorm Fliegen scheiterte. Hast Du die immer noch?

Meine Flugangst werde ich wohl nie überwinden. Tunnel und Fahrstühle mag ich übrigens auch nicht Vielleicht sollte ich den Pilotenschein machen, dann wäre ich selbst verantwortlich. Ich bin nur einmal geflogen. Das war vor zehn Jahren nach Moskau. Man hatte mich eingeladen, dort beim Filmfestival mein Kinomusical rjoan Lui“ vorzustellen, das das Leben von Jesus Christus schildert Ich sagte mir, wenn die unchristlichen Kommunisten etwas über Gott erfahren wollen, dann ist das ein Zeichen des Himmels. ER wird mich nicht abstürzen lassen.

Ende der 80er Jahre hattest Du, Berlusconi zum Trotz, eine provokante TV-Sendung namens „Fantastica“, in der Du mal die Leute dazu gebracht hast, als Friedensappell ihre Apparate für fünf Minuten auszuschalten. Wäre das in Deiner Heimat auch heute noch möglich? Früher oder später sollte es so eine Aktion in Italien wieder geben. Denn die Leute wollen ja, daß das Establishment, ob in Politik oder Kultur, verunsichert wird.

Glaubst Du, familienbewußt wie Du bist, daß die Familie die Rettung unserer Gesellschaft ist?

Die Familie kommt immer an erster Stelle. Sie ist der Urkern unserer Gesellschaft Von daher baut sich alles auf, ob nun gut oder schlecht. Eine Familie kann auch noch existieren,wenn alles drumherum im Chaos versinkt.

Im nächsten Januar wirst Du 59 und planst, wieder Konzerte zu geben. Gab’s mal den stillen Wunsch, gar nichts mehr zu machen?

Nie! Ich mache mal ein bißchen Ferien, aber irgendwas tu ich immer. Vielleicht höre ich ja eines fernen Tages mal auf zu singen, aber ich werde nie den Fehler machen, das Ende meiner Karriere offiziell bekannt zu geben. Das ist nur so ein blöder alter Trick, um dann pausenlos Comebacks zu veranstalten. Kein Mensch sollte je ohne sinnvolle Arbeit sein. Und vielleicht repariere ich ja wieder Uhren.

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