Carlos Santana: „Meine Finger werden zu Michael Jackson“
Die Gitarren-Legende erklärt ihr neues Album „Sentient“. Im Sommer spielt er fünf Arena-Shows in Deutschland

Ein nächtlicher Sternenhimmel, flatternde Kolibris und ein Gitarrist mit Hut, um den ein Kranz aus Licht hervorblitzt. So präsentiert sich Latinrock-Legende Carlos Santana auf dem Cover seines neuen Albums „Sentient“, das heute (28. März) erscheint. 55 Jahre nach seinem ersten Welterfolg „Abraxas“.
Der kosmisch Erleuchtete präsentiert darauf eine Art Retronuevo-Mischung. Ein Arrangement aus Neuem und Älterem. Darunter drei unveröffentlichte Songs; während die restlichen acht Tracks verschiedene Phasen seiner langen Karriere streifen. Etwa Arbeiten mit Smokey Robinson, Darryl „DMC“ McDaniels und seiner Frau Cindy Blackman Santana sowie mit zwei verstorbenen Superstar-Freunden.
„Miles Davis ist nicht mehr hier und auch Michael Jackson nicht. Doch sie sind in meinem Herzen, und das macht mich sehr dankbar“, so Santana in einem längeren Interview, das auf seiner PR-Website veröffentlicht worden ist.
„Wie Bob Marley und Bob Dylan lade ich die Menschen dazu ein, ein tiefes Selbstwertgefühl zu entwickeln“
„Ich habe von ihnen gelernt. Ich bin einer von ihnen. Klingt vielleicht anmaßend, aber ich bin unsterblich wie sie. Wie Bob Marley und Bob Dylan lade ich die Menschen dazu ein, ein tiefes Selbstwertgefühl zu entwickeln, sich im Spiegel zu betrachten und zu sagen: ‚Ich bin Gottes Gnade wert‘. Ich kann selbst Segen und Wunder schaffen, mit meiner Gnade. Das ist das Höchste, was man als Musiker tun kann: Nämlich Gott aus den Menschen herauszuholen; und nicht den Teufel.“
Santana erwählte dafür „Whatever Happens“ von Michael Jacksons Album „Invincible“ (2001) sowie „Get On“ und „Rastafario“, gemeinsam mit Miles Davis aus ihrer Zusammenarbeit mit dem italienischen Pianisten Paolo Rustichelli für das Album „Mystic Man“ (1996). Er habe die verschiedenen Elemente neu arrangiert, wie ein Florist, der in europäischen Grand Hotels die Blumenkunstwerke in der Lobby kreiert: „Das ist es, was ‚Sentient‘ ist, ein Ornament aus Farben, Leidenschaften, Texturen, Emotionen.“
Das Album ist der Nachfolger von „Blessings and Miracles“ aus dem Jahr 2021. Weitere Tracks sind „I’ll Be Waiting“ vom Live-Album „Moonflower“ (1977) oder der Titelsong von „Blues For Salvador“ (1987), für den Santana im folgenden Jahr seinen ersten Grammy für die beste „Rock Instrumental Performance“ erhielt.
„Wenn ich ‚Stranger in Moscow‘ spiele, werden meine Finger zu Michael Jackson“
Eine bislang unveröffentlichte Instrumentalversion von „Stranger in Moscow“, die Santana mit Narada Michael Walden während eines Clubkonzerts im kalifornischen San Rafael aufnahm, ist ebenfalls vom Geist von Michael Jackson inspiriert: „Wenn ich ‚Stranger in Moscow‘ spiele, werden meine Finger zu Michael Jackson. Ich stellte mir vor, wie er phrasieren würde, wie er es singen würde, also wurde meine Gitarre zu seiner Stimme. Ich lernte, wie man die Sprache, die Phrasierung artikuliert. All das habe ich von Aretha Franklin und ihrem Album ‚Lady Soul‘ gelernt, das ich mir immer wieder anhöre.“
Der 77-jährige startet ab Mitte April in den USA zu seiner „Oneness“-Tour, die ab Juni auch in fünf große Hallen nach Deutschland führt. Finale ist der 11. August 2025 in Kopenhagen.
Darüber hinaus arbeitetet der Unermüdliche auch an einem weltweiten Festival, das die Utopie von Woodstock revitalisieren will. „Ich möchte ein globales Konzert veranstalten, das um die Welt geht und für Einheit, Harmonie und Einigkeit wirbt“, so Santana zu seiner Mega-Vision. Ihm schweben dabei Spielstätten wie der Golden Gate Park in San Francisco, der Central Park in New York und der Hyde Park in London vor. „Dann geht es weiter in Asien, Japan, Singapur, bis nach Australien und Neuseeland. Das Ende kommt mit einem Konzert in Honolulu“, so Santana.