Bushido vs Abou-Chaker: Prozesskosten auf 2,5 Millionen Euro geschätzt
Der Clan-Chef muss wohl nur eine geringe Summe selbst bezahlen, der Rest kommt vom Steuerzahlenden.
Der dreieinhalb Jahre andauernde Prozess von Bushido gegen Arafat Abou-Chaker endete mit einem Quasi-Freispruch für den Boss der berlinerisch-libanesisch-palästinensischen Großfamilie. Nach 114 Prozesstagen heißt es im Landgericht Berlin: Freispruch in allen Hauptanklage-Punkten. Lediglich für den Mitschnitt von Gesprächen mit Bushido wurde Abou-Chaker verurteilt und muss dafür in die eigene Geldbörse greifen. Dennoch war das Verfahren umfangreich – viele Personen waren beteiligt – und somit auch kostspielig.
Darum war der Prozess so teuer
Wie „Bild“ berichtet, soll sich durch den ausgedehnten Rechtsstreit eine von Steuerzahlenden zu begleichende Summe von mindestens 2,4 Millionen Euro angehäuft haben. Um die einzelnen Kostenpunkte besser nachvollziehbar zu machen, geht „Bild“ die einzelnen Parts durch. So mussten für die Richter an 114 Verhandlungstagen wohl circa 500.000 Euro ausgegeben werden. Jeder Angeklagte hatte zwei Verteidiger – und Arafat Abou-Chaker lief zu Beginn gar mit dreien auf – weshalb hier mit eine Endsumme von rund 456.000 Euro zu rechnen ist. Als Nebenkläger hatte Bushido den prominenten Anwalt Steffen Tzschoppe, der mit einem Honorar um die 57.000 Euro aufwartet.
Pro Prozesstag waren zudem mindestens ein Dutzend Justizwachtmeister, sowie extra Sicherheitspersonal an gesonderten Eingangsschleusen, im Einsatz. Verbunden mit dem zweijährigen Personenschutz von Bushido und seiner Familie macht das nochmal mindestens 1,2 Millionen Euro.
Plus: Die 62 verhörten Zeug:innen (davon einige mehrfach) können Verdienstausfall sowie Fahrkosten und Übernachtungskosten geltend machen. Was die Kosten um geschätzte 13.000 Euro anheben müsste.
Und, zu guter Letzt, die im Prozess benötigten Gutachten: Arafat Abou-Chakers Bruder, Yasser Abou-Chaker, musste fast den gesamten Prozess von einem gesonderten Gutachter betreut werden. Hier beträgt der Stundensatz 100 Euro. Geschätzt kommen hier circa 80.000 Euro alleine für den jüngeren Bruder zusammen. Zudem wurde ein Forensik-Professor aus Wien konsultiert, der 23.000 Euro kostete – hinzu kommen Anreise- und Übernachtungskosten sowie seine Zeugenentschädigung, geschätzt noch einmal 2.000 Euro. Macht für die Gutachten um die 105.000 Euro.
Zum Prozesshintergrund
Bushido, mit bürgerlichem Namen Anis Mohamed Ferchichi, war in dem Strafverfahren Zeuge und Nebenkläger. Ein Großteil der Vorwürfe basierte auf seinen Aussagen. Zur Urteilsverkündung kam der Rapper nicht. Er lebt inzwischen mit seiner Familie in Dubai.
Die Anklage hatte Arafat Abou-Chaker unter anderem versuchte schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, Nötigung sowie gefährliche Körperverletzung und schwere Untreue vorgeworfen. Mitangeklagt waren drei Brüder von Arafat Abou-Chaker im Alter von 42, 46 und 53 Jahren. Auch diese wurden von den Vorwürfen zulasten des Musikers freigesprochen. Der Hauptangeklagte und einer seiner Brüder erhalten nach dem Urteil Haftentschädigung für eine kurze Zeit, die sie in Untersuchungshaft saßen.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den Hauptangeklagten eine Gesamtstrafe von vier Jahren, drei Monaten und einer Woche Haft gefordert. Für dessen Brüder beantragte sie Gesamtstrafen von sieben Monaten auf Bewährung bis zwei Jahren und einem Monat Haft. Die Verteidigung hatte Freisprüche gefordert. Keine der angeblichen Straftaten seien erwiesen, die dem Rapper widerfahren sein sollten.
Im Zentrum des Verfahrens stand ein Vorfall am 18. Januar 2018, bei dem Bushido gegen seinen Willen festgehalten worden sein sollte. Dabei sollte er beleidigt, bedroht und auch mit einer Plastikflasche und einem Stuhl attackiert worden sein. Zu den mutmaßlichen Taten sollte es gekommen sein, nachdem der Musiker die Beziehungen zu seinem Ex-Manager 2017 aufgelöst hatte. Dieser habe die Trennung nicht akzeptieren wollen und von dem Rapper eine Millionenzahlung sowie die Beteiligung an dessen Geschäften für 15 Jahre gefordert, so der Vorwurf.
Das Gericht hatte seit August 2020 versucht, den Fall aufzuklären. Das Verfahren erfolgte unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Manch einer sah darin einen lang erhofften Schlag gegen Clan-Kriminalität, weil Bushido keine Angst zeigte. Das ist bei vielen Prozessen gegen Mitglieder von Großfamilien, die mit organisierter Kriminalität in Verbindung gebracht werden, anders. Der Begriff Clan-Kriminalität ist zudem umstritten, weil er nach Ansicht von Kritiker:innen Menschen mit Migrationshintergrund alleine aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit und Herkunft stigmatisiert und diskriminiert.