Erinnerung an Burt Bacharach: Der Maestro des Songs
Gedanken über den großartigen Songschreiber, Filmmusik-Komponisten und Orchesterleiter.
Als er vor einigen Jahren im Berliner Admiralspalast auftrat, erinnerte er sich an Marlene Dietrichs Tournee durch Deutschland 1960, die er als Orchesterleiter begleitete. Von Berlin habe er wenig gesehen. Burt Bacharach, der große Komponist, war kein großer Redner. In schütteren, anrührenden Worten erinnerte er an Hal David, seinen verstorbenen Partner und Textschreiber. Und mit brüchiger, leiser Stimme sang er am Piano einige seiner wunderbaren Lieder. Vier Sänger standen hinter ihm auf der Bühne.
Burt Bacharach wurde am 12. Mai 1928 in Kansas City geboren; der Vater machte in Männerbekleidung, die Mutter war Sängerin und Malerin. In New York City wuchs er auf, in den 40er-Jahren studierte er an der McGill-Universität und am Mannes-Konservatorium. Den ersten Song, der veröffentlicht wurde, schrieb er für Sammy Kaye. Nach seiner Militärzeit begleitete er als Pianist Polly Bergen, Imogene Coca, Georgia Gibbs und Paula Stewart, mit der von 1953 bis 1958 verheiratet war.
1957 tat er sich mit Hal David zusammen, einem Lyriker, der immer neue Metaphern für die Liebe fand und Bacharachs anspruchsvoll verschlungene Songs einzigartig in Worte fasste. Die beiden arbeiteten im legendären Brill Building in New York. „Magic Moments“ von Perry Como war 1957 ihr erster Hit. 1958 engagierte Marlene Dietrich den stattlichen Bacharach als Orchesterleiter. Nach dieser Zeit gelangen ihm und David weitere Hits: „Baby It’s You“ von den Shirelles, „Any Day Now“ von Chuck Jackson und Gene Pitneys „The Man Who Shot Liberty Valance“ (Titellied des John-Ford-Films) und „Only Love Can Break A Heart“.
1962 schrieben sie den ersten Song für Dionne Warwick: „Don’t Make Me Over“ bezog sich auf einen wütenden Ausbruch der Sängerin, die ihre Songschreiber des Schwindels bezichtigte. Warwick sang dann „Anyone Who Had A Heart“, „Walk On By“, „I Say A Little Prayer”, „Do You Know The Way To San José”, „I’ll Never Fall In Love Again” und „Alfie”, den Titelsong des Films mit Michael Caine (1968). Für Tom Jones schrieben sie 1965 „What’s New, Pussycat?” (Titelsong des Films), für Dusty Springfield „The Look Of Love” „Casino Royale”, 1967). Im Jahr 1968 wurde ihr Musical „Promises, Promises” (nach Billy Wilders Film „The Apartment“) ein Broadway-Erfolg. „Raindrops Keep Falling On My Head“, gesungen von B.J. Thomas, bekam einen Oscar: In „Butch Cassidy And The Sundance Kid” fahren Katharine Ross und Paul Newman zu dem Lied auf einem Fahrrad.
Ihr Filmmusical „Lost Horizon“ war 1973 ein spektakulärer Flop: Bacharach und David verklagten einander, Dionne Warwick verklagte beide. Bacharach schrieb fortan mit Carol Bayer Sager, mit der er von 1981 bis 1992 verheiratet war. „Arthur’s Theme“, der Song für Dudley Moores Komödie „Arthur“, war 1981 ein Nummer-eins-Hit für Christopher Cross. 1985 arbeitete Bacharach noch einmal mit Dionne Warwick zusammen: „That’s What Friends Are For“ sang sie mit Elton John, Gladys Knight und Steve Wonder. Für Patti Labelle und Michael MacDonald schrieb er 1986 „On My Own“.
Mit seinem Bewunderer Elvis Costello schrieb Bacharach 1998 das Album „Painted From Memory“, ein Meisterwerk des Torch Songs. Er selbst hat nur wenige Platten unter seinem Namen veröffentlicht, darunter „Reach Out“, „Burt Bacharach“, „Portrait in Music“, „Living Together“, „Futures“, „Woman“, heute allesamt rar. 2005 erschien „At This Time“, 2011 nahm er ein Album mit Ronan Keating auf.
Nur Cole Porter und Lennon/McCartney haben so viele Evergreens geschrieben wie Burt Bacharach. Sie sind in Filmen, sie sind in Serien, sie sind im Radio. Und immer wird jemand „Raindrops Keep Falling On My Head“ singen und an Katharine Ross und Paul Newman denken, das Inbild der Liebe in einem Film von 1969.
Burt Bacharach, der Maestro des Songs, starb am 08. Februar 2023 im Alter von 94 Jahren in Los Angeles.