Bundesgerichtshof-Urteil: Tina Turner muss sich mit ihrer Doppelgängerin abfinden
Bundesgerichtshof entscheidet über Tribute-Shows. Solange der Revue-Charakter ersichtlich ist, erlaubt die Kunstfreiheit das Kopieren von Stars
Der Streit über eine „Tribute Show“ beschäftigte bereits mehrere deutsche Richter. Tina Turner hatte auf Unterlassung geklagt, weil eine Show-Doppelgängerin zu große Ähnlichkeit mit ihr aufweise und Werbeposter zu „Simply The Best – Die Tina Turner Story“ den Eindruck erwecken würden, der Superstar stünde persönlich auf der Bühne oder unterstütze die Show.
In letzter Instanz ist Turner nun damit vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe gescheitert. Die Richter entschieden für die Kunstfreiheit, das Persönlichkeitsrecht müsse in diesem Falle zurückstehen.
In bundesdeutschen Stadthallen, im rheinischen Freizeitpark „Phantasialand“ oder im Berliner Riesenhotel Estrel finden sie statt: Aufwendige Imitations-Shows, die mal „Stars in Concert“ heißen, mal einzelne Künstler oder Künstlerinnen in den Fokus stellen. So kommen in mehr oder minder geglückten Auftritten regelmäßig Klone von ABBA bis Amy Winehouse auf die Bühne. Auch Tina Turner gehört zu denen, die vielfach kopiert wurden.
Dagegen hat sich die 82-Jährige, die gemeinsam mit dem Ex-EMI-Musikmanager Erwin Bach am Zürichsee lebt, gewehrt. Es ging darum, ob Dorothea „Coco“ Fletcher ihre Tina-Show weiterhin bewerben und aufführen darf. Aufhänger für die BGH-Klage war ein Werbeposter, auf dem Fletcher in Turner-Drag und Turner-Pose unter der Headline „Simply The Best – Die Tina Turner Story“ zu sehen ist. Die Argumentation von Turners Anwälten gegen den Veranstalter der Show lautete, dass Darstellerin Fletcher die Original-Künstlerin zu sehr kopieren würde. Es bestünde die Gefahr einer Verwechslung mit einem „echten Konzert“. Man verlangte eine Unterlassung.
Das wurde vom BGH nun abgewiesen. Die Werbung sei nur dann nicht zulässig, wenn der Eindruck erweckt werde, Turner selbst unterstütze die Show oder wirke gar an ihr mit. Das sei den Plakaten jedoch nicht zu entnehmen. Diese würden das keineswegs behaupten und wären somit auch nicht mehrdeutig.
In einem Kommentar zu dem Fall äußerte sich Fachanwalt Arian Zafar von der Dortmunder Wirtschaftskanzlei Spieker & Jaeger im Hinblick auf zukünftige Streitfälle: „Der Ritt durch die Instanzen ist für Veranstalter aber allemal misslich und ein Ergebnis auch nicht vorhersehbar – in der ersten Instanz hatte Tina Turner ja gewonnen. Solche Rechtsstreitigkeiten können schon im Vorfeld vermieden werden, wenn etwa Begriffe wie „Tribute“ oder auch der Name des auftretenden Künstlers genannt werden („Dorothea Fletcher“ als „Tina Turner“).“
Ein nicht unerheblicher Hintergrund für diesen Rechtsstreit dürfte die seit 2019 stattfindende Show „Tina – Das Tina Turner Musical“ sein. Diese wurde von der Firma Stage Entertainment in enger Zusammenarbeit mit der Soul-Legende selbst in Hamburg entwickelt. Seit dem letzten Oktober ist die Stage-Sause wieder im Programm. Die damit konkurrierende Tribute-Show „Simply The Best – Die Tina Turner Story“ soll 2022 immerhin in über 30 Städten aufgeführt werden.
Viel Business-Alarm also um „Simply The Best“ – wobei die echte Tina schon seit Jahren nicht mehr auf Tour geht.