BUDDY GUY – Hamburg, Stadtpark
Klamme Finger, nasse Füße. Ideale Bedingungen also, um den Blues zu kriegen, unter bunten Regencapes, in grünen Gummistiefeln. Keb’Mo und Buddy Guy werden „April“ murmeln, sollte man sie fortan auf den Hamburger „Sommer“ ansprechen. Der Norddeutsche sagt in solchen Fällen: Gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung. Keb’Mo sagt: Leute, seid froh, daß es überhaupt irgendein Wetter gibt!
So wie dieser Satz klingt auch seine Musik: Ein augenzwinkernd verabreichtes, meist semi-akustisches Trostpflaster gegen die dunkle Ahnung, daß das Dach der Welt eines Tages doch noch herunterfallen könnte. Lässig bringt der smarte Hüne Bewegung unter die Regenschirme, auch mit sanften Spitzen gegen tradierte Blues-Klischees. Klar sei er auch unten an der berühmten „Kreuzung“ gewesen, konnte bloß den Teufel nirgends sehen, heißt es in „Muddy Water“, einem von mehreren neuen Songs, die er zwischen Selbstgänger wie „That’s Not Love“ und „Dangerous Mood“ plaziert. Die ohnehin recht hölzern agierende Band kann er zeitweilig getrost in der Kulisse abstellen: „You Can Love Yourself“! Das wollen wir uns gerne merken für die nächst Kaltfront aus Skandinavien.
Dann kommen die Marshall-Türme, eine Hammond-Orgel, ein Bassist, der seinen flinken Daumen überstrapaziert Dann kommt Buddy Guy. Seine Latzhose suggeriert Baumwollfelder, aber im Prinzip ist er ein Prediger. Einer, der aus Blues Gospel macht, im innigen call&response mit dem Keyboarder, mit seiner Gitarre, mit den Leuten: Buddy singt, die Regenschirme singen zurück, Buddy sagt: „I like that.“
Wir mochten ihn auch – auch wenn Guy zwischen Effekt und Ekstase schon mal Maß und Überblick einbüßt Zitat und Imitat – von Hooker bis Hendrix – gehören bei ihm zur Show, fürs Herz gibt’s – als exemplarische Verbeugung vor den letzten Blues-Toten – Junior Wells „Little By Little“. Als Guy den dahindonnernden „Midnight Train“ besteigt, sind wir wieder beim Thema: „It was rainin‘, it was cold.“ Und keine Zugabe, die uns für den Heimweg noch ein bißchen gewännt hätte. Wir weinen in den Bierbecher, entfalten den Knirps und schultern den Rucksack. An der Kreuzung trafen wir dann noch den Teufel.