Bryan Ferry
Du hast vor kurzem Deinen 50. Geburtstag gefeiert. War’s ein traumatisches Erlebnis?
Es gab eine Phase in meinem Leben, da glaubte ich, mit 50 Jahren stände man mit einem Fuß schon im Grab. Eine beunruhigende Vorstellung. Aber ich kann nicht klagen: Noch habe ich keine Haare und keine Zähne verloren. Ich hätte nicht gedacht, daß ich mich seit meinen Mittzwanzigern so wenig verändern würde. Vermutlich bin ich niemals erwachsen geworden. Das ist immerhin, denke ich, eine der tröstlichen Nebenwirkungen, wenn man Rockmusik macht.
Daß es den Effekt der männlichen Menopause negiert?
Was ist denn bloß die männliche Menopause? Was soll da passieren?
Du drehst durch, willst wieder in einer Band spielen, ziehst mit einem jungen Mädchen los und kleidest dich wie Johnny Hallyday.
Nun, ich kleide mich in der Tat wie Johnny Hallyday vielleicht ist das ja ein Indiz, daß das Drama jetzt losgeht. Ich liebe übrigens Johnny Hallyday aber ich denke, daß ich wohl doch eher ein Typ wie Serge Gainsbourg bin auch wenn der dummerweise schon eine Weile tot ist.
Aber Dein Image -der Cocktail-Party-Gigolo, der „Country Life“ liest, der eine perfekte Upper-Class-Gattin hat, perfekte Kinder und Landhaus und Pferde – ist doch das exakte Gegenteil von Gainsbourgs kartoffelgesichtiger, Gauloise-rauchender Maskerade.
Ich wünschte, ich würde noch immer rauchen – aber ich habe es schon vor acht Jahren aufgegeben. Schrecklich. Dafür trinke ich noch ein bißchen. Mein Image entstand durch ein Foto, das vor zwölf Jahren gemacht wurde. Gut, ich habe ein Haus auf dem Land, wo ich die Wochenenden verbringe, aber deshalb bin ich noch lange kein Land-Adliger. Von Montag bis Freitag arbeite ich in London, und nur am Wochenende bin ich mit meiner Familie in Sussex.
Die frühen Roxy Music wurden von der Musikpresse als „British Glam Velvet Underground“ bezeichnet oder auch als „High Art School Camp“. Wie sahst Du es?
Vor allem wollten wir damals alles für alle sein. Ich hatte so viele gegensätzliche Einflüsse – von Velvet Underground über Billie Holiday bis zu Lotte Lenya, und obendrein hörte ich vor allem schwarze Musik. Ich wollte Musik machen, die nicht langweilt und eine gewisse Intelligenz hat – so gräßlich das Wort klingt. Es sollte nicht kopflos sein. Na ja, vielleicht zu 50 Prozent ist es mir gelungen.
Was war denn in Deinen Augen die kreativste Phase der Band?
Ich denke, es war das gesamte Jahr 1973. In diesem Jahr gab es drei Alben: „For Your Pleasure“, das noch immer meine Lieblingsplatte ist, „These Foolish Things“, eher ein Spaß-Album mit naivem Charme, und „Stranded“. Ich weiß auch nicht, wie wir drei Alben in einem Jahr schafften. Wahrscheinlich war die Technik schuld: Die Studiokosten schössen in die Höhe, man mußte sich kurz fassen. Und wenn man ein Forscher ist, kann man ewig an demselben Song weiterarbeiten. Das tat ich jahrelang, ohne daß mich jemand gebremst hätte. In den Achtzigern habe ich eine Menge Zeit damit verplempert – allerdings auch mit endlosen Prozessen gegen meine ehemaligen Manager.
Du hast mit Brian Eno schon früh zusammengearbeitet, dann aber brach die Freundschaft plötzlich auseinander. Was hat Euch wieder zusammengebracht?
Eigentlich war es kein Freundschafts-Bruch. Rückblickend gesehen, hätte es der clevere Schachzug eines guten Managements sein können: Junge Egos, gescheit, exzentrisch, unverträglich, gehen ihre eigenen Wege. Wir waren wohl beide im Unrecht, denke ich heute. Es war interessant, im letzten Jahr wieder mit Brian zu arbeiten – wenn auch nur für ein paar Tage. Ich mußte daran denken, daß wir vor 20 Jahren eine gute Chemie hatten und unser Potential mit zwei Alben längst nicht ausschöpften. Ich kann nicht verleugnen, daß ich die Interaktion einer Gruppe manchmal doch sehr vermisse. Denn wenn man die Musiker nur mietet, gerät man nicht in die Konfliksituationen, die für die Kreativität so notwendig sind. Mein Problem ist nun aber, daß ich gleichzeitig ein Kontroll-Freak bin. Ich muß also Leute finden, die ihren Kopf haben, mich aber den Regisseur des Films sein lassen. Existiert Roxy Music denn eigentlich noch?
Nicht wirklich. Wir drohen zwar noch immer damit, gemeinsam wieder ein Album zu machen, aber die Jahre zerrinnen. Es ist letztlich die gemeinsame Entscheidung der drei Leute, die den Namen tragen – Andy McKay, Phil Manzanera und ich. Andy ist vermutlich beschäftigt, Phil wohl weniger. Er produziert zur Zeit einige spanische Bands. Aber wer weiß: Vielleicht nehmen wir ja in zwei Jahren doch eine Platte auf zum 25. Jubiläum von Roxy Music.