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Bryan Adams: „Es ist aufregend, ein unabhängiger Künstler zu sein“

ROLLING STONE traf den Rockstar zum ausführlichen Gespräch. Hier das gesamte Interview als Q&A.

Foto: Mediahouse Berlin. All rights reserved.

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Bryan Adams kommt gerade vom Soundcheck im Rahmen einer Berliner Benefizgala, als ich ihn zum Gespräch in seine Garderobe begleite. Es ist kurz vor Weihnachten, dem Anlass entsprechend performen der kanadische Rock-Superstar und seine Band an diesem Abend ihren Song „Christmas Time“ für den guten Zweck. Während sich vor der Venue und im Foyer in erster Linie deutsche Promis aus Politik und Showgeschäft tummeln und fotografieren lassen, möchte Adams den Roten Teppich an diesem Abend lieber auslassen. Rummel gibt es auch so genug, schließlich ist er zu diesem Zeitpunkt gerade auf „So Happy It Hurts“-Europatournee.

Zu Berlin hat Adams einen besonderen Bezug. Er hat hier einige kreative Projekte ins Leben gerufen, auf die wir im Laufe des Interviews ausführlich zu sprechen kommen. Projekte, die nicht mit seinem musikalischen Schaffen, sondern eher mit seinem zweiten Standbein, der Fotografie, zu tun haben. Aber auch über Adams’ Musik gibt es viel zu besprechen, etwa über seinen Dreifachrelease „Live at the Royal Albert Hall“: Adams knöpfte sich in der altehrwürdigen Londoner Venue seine Alben „Waking Up The Neighbours„, „Cuts Like A Knife“ und „Into The Fire“ vor. Oder über seine Zukunft als unabhängiger Künstler, denn zum ersten Mal in seiner Karriere steht der 64-Jährige nicht bei einer Plattenfirma unter Vertrag. Adams ist jetzt also Independent-Künstler – allerdings einer, der (so die Schätzungen) zwischen 75 und 100 Millionen Alben verkauft hat.

Bryan, was macht die Royal Albert Hall so besonders?

Die Royal Albert Hall ist einfach ikonisch. Ich habe dort Konzerte besucht, lange bevor ich selbst dort gespielt habe. Ich sah dort Cream, John Fogerty, das George Harrison Tribute Concert, sogar George Michael. Es gibt einfach keinen vergleichbaren Ort auf der Welt. Als die Idee einer Residency ins Spiel kam, überlegte ich: Wie können wir jeden Abend anders gestalten und zu etwas Besonderem machen? So kamen wir auf die Idee, jeden Abend ein anderes Album zu performen.

Sie haben sich für „Waking Up The Neighbours“, „Cuts Like A Knife“ und „Into The Fire“ entschieden, drei Alben, die bereits einige Jahrzehnte zurückliegen. Wie gehen Sie an sowas ran – mussten Sie sich wieder einige Songs anlernen?

Oh, ich musste definitiv wieder reinhören und vieles neu lernen. Die meisten der Stücke spielen wir ja gar nicht mehr. Ich musste mir die Texte und Arrangements wieder in Erinnerung rufen – und dann überlegen, wie wir die Songs neu arrangieren wollen.

Wie lief das ab?

Nun, nach ein paar Tagen wussten wir, wie wir’s machen wollen. Wir mussten mit den Stücken aber wieder in den Proberaum gehen – etwas, das wir sonst üblicherweise nicht machen.

Beim Anhören der Live-Alben ist mir aufgefallen, wie gut und frisch Ihre Stimme immer noch klingt. Während einige Ihrer Zeitgenossen einen Halbton tiefer stimmen müssen, um mithalten zu können, klingen Sie so gut wie immer.

Danke, dass Sie das sagen. Im Jahr 2000 sind wir als Trio auf Tour gegangen. Ich spielte damals Bass. Damals haben wir alles einen Halbton runtergestimmt, aber nicht wegen meiner Stimme. Sondern, weil Hendrix und Van Halen das auch gemacht haben. Wir dachten, dass es irgendwie heavier klang. Man kann das auf dem Mitschnitt vom Slane-Castle-Konzert und den „Live at Budokan“-Gigs hören. Nach diesen Shows habe ich die Bare Bones Acoustic Tour gemacht – und die Stimmung ging wieder in jene Tonarten zurück, in denen ich die Stücke geschrieben habe.

Ist Ihnen wichtig, dass sich Ihre Songs auch nach vielen Jahren noch weiterentwickeln?



Das passiert ohnehin von alleine. Wir wissen aber auch, dass die Fans lieber das Original hören wollen, deswegen bewegen wir uns nie zu weit davon weg.

Ihre Band ist längst eine gut geölte Maschine.

Ja, das ist sie. Aber jeder von uns musste seine Hausaufgaben machen, besonders bei den Stücken, die wir immer noch oft spielen. Sie sollten dem Original schon treu sein, aber auch dem Rechnung tragen, wie wir heute klingen.

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Sie hatten in der Royal Albert Hall ein Kamerateam dabei – allerdings haben Sie nicht alles vor Publikum aufgenommen. Wie kam das?

Wir haben alle Alben an einem Tag gefilmt. Es wäre zu teuer gewesen, drei Nächte dort zu drehen. Zwei der Alben haben wir ohne Publikum im leeren Saal aufgenommen – und dann sind wir für das dritte Album auf die Bühne gegangen. Vier Stunden Musik an einem Tag … ich brauchte danach wirklich erstmal eine Tasse Tee!

Das Livealbum hat einen tollen, räumlichen Gitarrensound.

Freut mich, dass Ihnen das auffällt. Wir haben für die Livealben einen jungen Engineer engagiert, er ist gerade mal 26 Jahre alt. Er heißt Hayden Watson und hat eine wirklich tolle Perspektive in puncto Balance. Der Sound ist zu einem guten Teil sein Verdienst. Was aufregend ist, sind die Spatial Mixes für Apple, wir haben alle Alben in ATMOS gemixt.

Wie teilen Sie sich mit Ihrem Gitarristen Keith Scott die Gitarrenarbeit auf?

Ich verneige mich vor seiner Großartigkeit! Normalerweise spiele ich Rhythmusgitarre, einfach weil ich als Sänger ein bisschen besser bin als als Instrumentalist. Ich benutze die Gitarre, um meine Stimme zu unterstützen. Was ich spiele, kommt Keith’ Licks nie in die Quere. Und schon gar nicht mit dem Gesang, denn meine Stücke sind alle um meine Stimme herum aufgebaut.

Keith und Sie arbeiten schon lange zusammen, wie würden Sie ihn beschreiben?



Er ist die bescheidenste Person, die ich kenne. Die Gitarrenwelt hat Keith wohl immer ein wenig übersehen. Aber viele berühmte Gitarristen sind oft extra wegen Keith zu unseren Konzerten gekommen – und nicht, um mich zu sehen. Jeff Beck, Mick Ronson und Eddie Van Halen etwa. Sie alle wollten Keith sehen. Ich würde sagen, er ist sowas wie der unbesungene Held der Gitarrenwelt.

Adams und Keith Scott bei einem Auftritt

Früher hat man sie vor allem mit einer Fender Stratocaster in Verbindung gebracht – mittlerweile sieht man Sie aber am häufigsten mit einer Gibson  ES-295  Hollowbody.

Ja. Ich spiele die Stratocaster zwar immer noch live – aber es ist eher meine Zweitgitarre geworden. Die Gibson hat einfach das gewisse Etwas. Du steckst sie an und sie klingt gleich fantastisch. Das hat unter anderem mit den P90-Tonabnehmern zu tun, die einfach wahnsnnig gut sind. Es ist einfach eine bessere Gitarre für Rhythmus.

Sie spielen aber auch Gretsch-Gitarren.

Ja, ich habe eine 6120. Das ist dieselbe Gitarre, die Scotty Moore auf den ersten Elvis-Platten spielte. Ich habe Scott einmal getroffen und wollte ihn fragen, ob er mir die Gitarre signiert, aber irgendwie war ich dann zu schüchtern.

Haben Sie sich schon jemals etwas von anderen Musikern signieren lassen?

Von Musikern nicht, aber als ich in New York ein Fotoshooting hatte, habe ich das Büro von Irving Penn angerufen und gefragt, ob er mir ein Fotobuch signieren würde. Die Dame an der Rezeption meinte nur: ‚Wir werden sehen, ob wir sie zu Mittag unterbringen können.‘

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Mike Lewis Photography Redferns
Dave Simpson WireImage
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