Bruce Springsteen: Depressionen und Selbstmordgedanken in den frühen 80ern
In der aktuellen Ausgabe des New Yorker (und online) gibt es ein wundervolles, langes Lesestück über Bruce Springsteen, in dem auch seine Depressionen und Selbstmordgedanken zur Sprache kommen.
Bei einem Blick auf das wundervolle Lesestück „We Are Alive“ über Bruce Springsteen in der aktuellen Ausgabe des New Yorker muss man sich neidvoll eingestehen: Hätten wir gerne selbst geschrieben! In über 15.000 Wörtern beleuchtet Autor David Remnick die Karriere des Bosses – und sprach dafür in den vergangenen Monaten gleich mehrfach mit Springsteen und dessen Vertrauten. Auch fast die gesamte E Street Band wurde von Remnick interviewt. Die Story ist im englischen Original hier komplett zu lesen – wir haben gemeinsam mit unseren US-Kollegen die interessantesten Enthüllungen zusammengetragen:
– Springsteen hat seit 1982 einen Therapeuten. „Er hatte damals Selbstmordgedanken“, erzählt Springsteens langjähriger Freund und Biograf Dave Marsh. „Die Depression an sich kam nicht so überraschend. Seine Karriere ging durch die Decke. Gestern bist du noch ein Niemand, und heute will dir jeder den Hintern küssen. Da kann man schon mal Zweifel daran bekommen, was man wirklich wert ist.“ Springsteen selbst sagt dazu: „Meine Probleme in der Zeit waren nicht so offensichtlich wie es eine Drogensucht gewesen wäre. Sie saßen tiefer unter der Oberfläche – aber waren nicht weniger kritisch.“
– Springsteens Manager, Jon Landau, musste sich kürzlich einer Gehirnoperation unterziehen, bei der eine Verwachsung an einem Sehnerv entfernt werden musste. Landau hat sich erholt, aber seine Seh-Fähigkeit an dem betroffenen Auge hat Schaden genommen. Springsteen war in dieser schwierigen Zeit oft an Landaus Seite. Landau: „Er wusste, dass mir das auf der Seele lag. Ich dachte, ich müsste sterben. Das war irrational, aber die Angst war real. Wir haben viele tiefschürfende Gespräche geführt in dieser Zeit.“
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– Steve Van Zandt und Springsteen hatten 1987 einen massiven Streit über die Lyrics zu „Ain’t Got You“, einem der raren persönlichen Songs, in denen Springsteen seine eigene Gesundheit thematisiert. „Ich sagte zu ihm: Was zum Teufel ist das?'“, erinnert sich Van Zandt. „Und er sagte zu mir: ‚Was meinst du? Es ist die Wahrheit. Was ich bin. Mein Leben.‘ Und ich meinte: ‚Das ist Bullshit! Die Leute wollen nicht hören, wie du über DEIN Leben singst. Niemand schert sich um DEIN Leben. Sie brauchen dich für IHR Leben. Das ist deine Aufgabe! Dieser verwirrenden, zersplitterten Welt Zusammenhalt, Vernunft, Sympathie und Leidenschaft zu bringen – das ist deine Gabe! Ihnen IHR Leben zu erklären. IHRES und nicht DEINES.‘ Und so haben wir gestritten und gestritten. Ich sagte ‚Fuck you‘, er sagte ‚Fuck you!‘ – aber ich glaube, ein wenig von dem, was ich gesagt habe, hat seine Spuren hinterlassen.“
– In dem Artikel spricht Neuzugang Jake Clemons zum ersten Mal über seine Rolle in der E Street Band und sein Hinzukommen im Januar diesen Jahres. Springsteen sagte zu Clemons Jr.: „Wenn du da oben auf der Bühne stehst und dein Saxophon spielst, dann werden dich die Leute nicht mit dem Clarence vergleichen, der auf der letzten Tour spielte. Sie werden dich mit ihrer Erinnerung an Clarence vergleichen, ihrem Idealbild von ihm.“ Dieser Druck habe schwer auf ihm gelastet, so Jake Clemons: „Ich weiß nicht, ob man im Schatten einer Legende spielen kann. Aber für mich ist Clarence noch immer mit mir da oben auf der Bühne – und ich bin ständig darauf bedacht, ihm nicht auf die Füße zu treten.“
– Patti Scialfa gesteht, dass sie manchmal von ihrer Rolle in der E Street Band frustriert ist. „Ich muss zugeben, dass meine Rolle in der Band eher symbolisch denn musikalisch ist. Manchmal kommt diese Frustration hoch, wenn ich mal etwas Eigenes einbringen möchte. Aber die Band hat, so wie sie ist, keinen Platz dafür.“