Bringing It All Back Home
Zehn Jahre nach ihrem letzten Gig spielen Big Head Todd & The Monsters endlich auch wieder Shows in Europa - allerdings nur als Support
Nach circa 3500 Shows, im 18. Bandjahr, spielen Todd Park Mohr und seine Monster Rob Squires und Brian Nevin wieder die Vorgruppe. Sie spielen im altehrwürdigen Shepherds Bush Empire gegen die Erwartung der Zuschauer an, die dem ewigen Boogie-Buben George Thorogood entgegentrinken. One Bourbon, one Scotch, one beer. Die stärkste Resonanz gibt es dann auch prompt beim John Lee Hooker-Knaller „Boom Boom“; das eigene Repertoire, strikt auf Rock’n’Funk getrimmt, wird höflich zur Kenntnis genommen.
Am nächsten Morgen hat das Trio aus Colorado in London einen weiteren Abend in der undankbaren Rolle vor sich. Doch Mohr versichert, das mache ihm überhaupt nichts aus. Von der „Herausforderung, vor neuen Leuten zu spielen“, spricht der Hobby-Philosoph, der sonst oben in den Rockies auf 10 000 Fuß Höhe samt Solar-Studio ein- bzw. mit Gattin zweisiedelt Er verweist auf die US-Support-Shows für Steve Miller und John Fogerty, die sie allerdings als Sextett spielen werden, um so auch die komplexeren Seiten des „Future Blues“ von „Crimes Of Passion“ live transportieren zu können. „Natürlich war das Set gestern nicht gerade repräsentativ“, weiß auch Mohr. „Und nur 45 Minuten. Da haben wir uns vor diesem Publikum doch lieber ganz auf unsere Blues-Licks konzentriert.“ Der Gentle Giant mit der futuristischen Brille lacht kehlig.
Dass sie überhaupt wieder da sind in diesen Breiten ist Wunder genug. Erstmals und dann leider auch gleich vorläufig letztmals präsent war die Band in Europa 1994 mit ihrem heimlichen Meisterwerk „Strategem“. Damals war das Trio nach dem Platin-Erfolg von „Sister Sweetly“ (mit der Hit-Single „Bittersweet“) vor dem Druck, das nächste große Stadion-Ding werden zu sollen, in faszinierend abstraktes Songwriting geflüchtet, bevor mit „Beautiful World“ doch noch ein letzter Versuch Richtung Haupttribüne gestartet wurde. Dabei hieß die Single doch schon „Resignation Superman“! Anschließend stritt die Band über vier Jahre, bis zur Auflösung von Giant Records, mit dem Label über den richtigen Kurs, veröffentlicht wurde nur noch „Ljve Monsters“. „Es ist schön, Musik nicht mehr für Anwälte und Geschäftsleute schreiben zu müssen“, sagt Mohr jetzt. Für „Riviera“ konnten Big Head Todd & The Monsters 2002 auf ihr eigenes Label Big Records zurückgreifen, auf dem schon die Frühwerke „Another Mayberry“ (1987) und „Midnight Radio“ (1990) veröffentlicht wurden.
Es ist von tragischer Ironie, dass die Band selbst daheim aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden war, als ihre alte High School über Nacht weltweit zu trauriger Berühmthieit gelangte. An der „Columbine“ in Littleton hatten die Drei Mitte der 80er den Grundstein für ihren bis heute allen Tücken trotzenden Bund gelegt, der „bemerkenswert frei war von Eifersüchteleien“, wie selbst Mohr staunt „Es war eine Tragödie für alle, und es war unsere High School.“
Früher, sagt der ehemalige Literatur Student, sei er beim Schreiben „eher von Sentiments getrieben worden“, heute könne er „besser beobachten und beide Seiten einer Geschichte erzählen“. Zum Beispiel im „Peacemaker’s Blues“, die bisher eindeutigste Dylan-Referenz, die aber auch schon durchs Frühwerk geisterte. Wie fragte Todd Park Mohr bang schon am Ende von „True Lady“ auf „Beautiful World“? „Am I just blowing in the wind?“ Nicht mal im Vorprogramm eines Boogie-Buben, Todd. Mit Dylan spielten sie übrigens noch nie, doch sie arbeiten dran.