Brian Wilson: „Ich fühle mich schon irgendwie gefeuert.“
Moderne Kabbeleien werden nicht mehr persönlich ausgetragen, sondern in der Los Angeles Times. So ist das zumindest aktuell bei dem Streit um die zukünftige Besetzung der Beach Boys. Nach Mike Love äußert sich an dieser Stelle jetzt ein enttäuschter Brian Wilson, der sich von Ersterem "gefeuert fühlt".
Irgendwie hatten wir mit unserer Kurzzusammenfassung des Beach Boys-Streits um diverse Band- und Zweitband-Konstellationen gar nicht so unrecht. Da fassten wir in unserem letzten Artikel über den Brief, den Mike Love in der Los Angeles Times veröffentlichte, zusammen: „Brian Wilson wurde gegangen.“
Zumindest Brian Wilson sieht das auch so. Der äußerte sich jetzt öffentlich zu der Stellungnahme Loves, der in einem Brief in der Los Angeles Times diplomatisch klarzustellen versuchte: „Ich kann Brian Wilson nicht feuern, ich bin nicht sein Arbeitgeber. So eine Autorität besitze ich gar nicht. Und selbst wenn, würde ich Brian Wilson nicht bei den Beach Boys rauswerfen. Ich liebe Brian Wilson. Wir sind Partner. Er ist gebürtig mein Cousin und mein Bruder in der Musik.“ Die Verwunderung Brian Wilsons darüber überraschte den Sänger, es wäre ja von Anfang bekannt gewesen, dass die Konstellation um Beach Boys-Gründungsmitglieder Brian Wilson und Al Jardine exklusiv auf die Tour anlässlich des 50-jährigen Bandjubiläums gemünzt gewesen sei.
Die Stellungnahme Brian Wilsons zu dem Hick-Hack sieht sich jetzt ebenfalls in der Los Angeles Times gedruckt. Die Zeitung hatte sogar ausdrücklich um eine Antwort gebeten. Das Magazin will damit angeblich für nützliche Interaktivität sorgen. Dass damit die Geschichte medial hochgeschaukelt wird, ist auch Wilson bewusst. Er sähe jedoch die Notwendigkeit einer Stellungnahme darin begründet, dass er es toll fand, „was der 50. Geburtstag für das Image und die Legitimität der Band tat.“ In der Antwort finden sich folgende Zeilen: „Soweit ich weiß, kann ich nicht gefeuert werden – das wäre auch einfach nicht cool. Die negativen Umstände der Kommentare deprimierten mich. Es ist einfach verwirrend, dass Mike [Love], David [Lee Marks], Al [Jardine] und mich nicht mit der Band touren lässt oder lassen will. Es fühlt sich irgendwie schon so an, als wäre man gefeuert geworden.“
Eigentlich gäbe es einige Angebote, die Gelegenheit dafür bieten würden, wieder in der Jubiläums-Formation zu touren. „Warum sollten wir es also nicht tun,“ fragt Brian Wilson rhetorisch und fährt fort: „Wir haben unser Herzblut in dieses Album fließen lassen und die Fans haben das honoriert, indem sie uns von null auf Platz drei der Billboard Charts katapultierten und auf unsere Konzerte gingen, die deswegen ausverkauft waren. Wir waren alle überwältigt von den Reaktionen.“
Der große Erfolg der Tour und des Albums „That’s Why God Made The Radio“ kam unerwartet und führte Brian Wilson und Al Jardine dann zu dem Wunsch weiter zu machen: „Keiner wusste am Anfang, dass das Ganze so gut bei den Fans ankommen würde. Es war ein Selbstläufer.“ Der ursprüngliche Plan, nur 50 Konzerte zu spielen, konnte daran dann laut Wilson nicht mehr gemessen werden.
Die Angebote, in ursprünglicher Konstellation weiter zu machen, schienen verlockend: „Ich meine, wer würde nicht gerne im Hollywood Bowl spielen oder im Madison Square Garden und auf dem Wrigley Field?“
Dann fährt Wilson mit weiteren Details fort: „Auch weitere Termine in Großbritannien wären möglich gewesen, die wir während der Jubiläumstour nicht wahrnehmen konnten.“ Schon früher äußerte Wilson die Idee, eine neue Platte aufzunehmen (wir berichteten). Darauf nimmt er in dem Artikel erneut Bezug: „“Wir waren seit einer Ewigkeit nicht mehr für solange Zeit unterwegs, wie wir es für das Jubiläum waren, und ich denke wirklich, wir sollten eine letzte gemeinsame Platte aufnehmen.“
Als dann Gerüchte um Shows ohne Jardine, Marks und Wilson auftauchten, die Mike Love buchte, war die Verwirrung perfekt. Keiner wusste mehr so recht, was Sache ist. Vor allem, da zu diesen Tourdaten Bilder der Beach Boys auftauchten, die Fotos von den gerade genannten Mitgliedern gemeinsam zeigten.
Wilson erklärt dazu: „Zu dem Zeitpunkt hat mein Anwalt Mike lediglich vorgeschlagen, dass eine Pressemitteilung geeignet wäre, die Verwirrung zu beseitigen, welche ja bei keinem der Band von Interesse war. Das war’s, kurz und knapp gesagt. Weitere Besprechungen zu einer Strategie bezüglich der Vorgehensweise standen aus.“
Die Aussprache kam wohl aber anscheinend nicht zu Stande. Weswegen Wilson dann weiter schreibt: „Deswegen traf mich die Pressemitteilung [Loves] aus heiterem Himmel. Keiner hatte eine Ahnung, dass diese publiziert werden wird. […] Niemand hätte der Veröffentlichung oder deren Zeitpunkt zugestimmt.“
Das ging wohl eindeutig nach hinten los. Dann macht Wilson den einzig vernünftigen Vorschlag: „All diese Gespräche sollten zwischen den Verantwortlichen besprochen werden und ich würde es willkommen heißen, wenn Mike [Love] mich anrufen würde.“
Würden wir auch. Damit dann endlich auch mal Ruhe ist.