Brian Setzer
Als Brian Setzer vor sechs Jahren beschloss, eine Big Band auf die Beine zu stellen, war nicht viel Bewegung in seiner Karriere. Schon gar kein Swing. Nicht einmal einen Plattendeal hatte er. »Alle hielten mich für völlig meschugge“, seufzt der einstige Frontmann der Stray Cats. Heute darf er sich dafür auf die Schulter klopfen, dass er der Welt den Swing zurückgebracht hat. Das dritte Album des „Brian Setzer Orchestra“ kombinierte Coverversionen (Jump Jive An‘ Wail“, „Sleepwalk“), ein Remake von „Rock This Town“ (von den Stray Cats) sowie neue eigene Songs und spielte mehrfaches Platin ein. Sollten es vielleicht „die Anderen“ gewesen sein, die meschugge waren?
Ehre, wem Ehre gebührt: Wir gratulieren! Du bist wieder ganz oben.
Aber der Weg dahin war wirklich völlig verrückt. Wir haben uns nach und nach eine Gemeinde aufgebaut, ohne jede Hilfe der Medien! Swing mag jetzt wieder eine große Sache sein, aber wir haben diese Musik schon vor sechs Jahren gespielt – zum Beispiel vor 7000 Leuten im „Greek Theater“ in LA. ohne Radio-Airplay, ohne MTV. Nur Mundpropaganda! Und die letzte Platte war wirklich ein Schritt nach vorne. Als ich die fertigen Aufnahmen hörte, dachte ich: „Genau den Sound wollte ich immer hinkriegen. Es rockt – und gleichzeitig hat’s dieses Big-Band-Feeling.“
Weißt Du noch, wie Du zum ersten Mal das Original von „Jump Jive An‘ Wail“ gehört hast – von Louis Prima?
Ehrlich gesagt, nein. Aber ich weiß noch, wie ich zum ersten Mal „Be-Bop-A-Lula“ gehört hab – aus einer Jukebox in „Max’s Kansas City“. Die Nummer packte mich quer durch den Laden am Kragen und sagte: „Genau das solltest Du auch machen!“
Dein Faible für Big Bands entstand wohl, als Du zu Zeiten der Stray Cats mal fast mit dem Orchester von Doc Severinsen gespielt hättest…
Wir sollten damals in der alten „Tonight Show“ spielen. Am Ende wurde doch nichts draus, aber im Votfeld hieß es, wenn wir wollten, könnten wir Docs Big Band verwenden. Als ich mir das ausmalte, ging mir ein Licht auf.
Wollen Dir die Rock- und Big-Band-Puristen nicht oft an den Kragen?
Überhaupt nicht. Der Ritterschlag kam, als Henry Mancini vor seinem Tod einmal auf mich zukam und sagte: „Es ist wunderbar, dass Du ein Genre, das vor 50 Jahren starb, wieder zum Leben erweckt hast!“ Nein, die Reaktionen sind durchweg positiv.
Bist Du nun Teildes sog. Neo-Swing? Oder definierst Du Deine Musik anders?
Ich spiele nicht in der gleichen Liga, in der moderne Swing-Bands wie Big Bad Voodoo Daddy oder die Royal Crown Revue spielen. Das sich fantastische Bands, keine Frage! Aber die haben gerade mal zwei oder drei Blasinstrumente – ich hab allein fünf Saxofonisten! Ich bin ein Rockabilly-Gitarrist mit einer Big Band. Wobei meine Big Band wiederum nicht alte Glenn-Miller-Arrangements vom Blatt spielt. Es ist also eine ziemlich eigenartige Kombination – und das macht sie wohl so erfolgreich.
Was war Dein erstes Konzert?
Es war im Nassau Coliseum auf Long Island: Jethro Tull. Fand ich furchtbar fad – dieses Rumsitzen und Kiffen war nicht mein Ding. Als die Sex Pistols kamen, hab ich richtig aufgeatmet.
Du hast zuletzt mehrfach auf Songtexte von Joe Strutnmer (The Clash) zurückgegriffen. Stimmt es, dass Du mit ihm immer in Urlaub fährst?
Stimmt tatsächlich. Wir haben viel Spaß. Ich kann Joe perfekt nachmachen. (Mit aufgesetztem britischen Akzent:) „Hey Brian, don’t forget your cigars. I guarantee you, halfway through the meal, you’ll be wantin‘ one.“ Wir waren zusammen auf Hawaii, wir sind in die Wüste rausgefahren, wir waren unten in Mexico. Die ganze Familie, in zwei großen alten Cadillacs.
Wann warst Du zum letzten Mal in Deiner Heimat auf Long Island?
Ist schon ne Weile her. Aber wenn ich länger nicht dort bin, fehlt mir die Gegend wirklich. Ich hab immer noch Freunde dort – aus der Zeit, als wir noch an unseren Oldtimern gebastelt haben. In LA. sind doch alle schlecht drauf. Wenn du jemanden freundlich grüßt, wirst du nur angegrunzt Die Swing-Szene hat bekanntlich einen ausgeprägten Verhaltenskodex. Was müßte unbedingt in das große „Book of Cool“, wenn es nach Dir ginge?
Sicher geht es um coole Cars und coole Klamotten, aber es geht auch darum, wie man sich zu anderen Menschen verhält. Wenn ich einen meiner Freunde frage, ob er mich morgens um vier in einer Bar treffen kann, um mir 500 Dollar zu leihen, dann wird er da sein. Das klingt Außenstehenden vielleicht etwas schmalzig, aber das gehört zum „Coolsein“ nun mal dazu.
Kommen wir zu den modischen Aspekten: Die Schmalztolle ist ja offenkundig nicht totzukriegen…
Ein Klassiker. Einerseits passt sie nach wie vor zum Rock’n’Roll, andererseits kannst du damit durch Little Italy spazieren, ohne dass sich die italienischen Burschen über dich lustig machen. Ein Irokesenschnitt mag in einem dunklen Club in Ordnung gehen – aber wenn du mal irgendwas anderes als Rockmusik machen willst, haut das nicht hin. Der Pompadour hingegen ist eine universelle Frisur.
Was ist mit den Tattoos? Wann kommt der Punkt, wo man sagt: Genug ist genug?
Die Kegel kommt von meinem Dad, der war nämlich auch nicht gerade wenig tätowiert. Er sagte: „Lass dich nie an irgendeiner Stelle tätowieren, wo’s ein Richter sehen kann. Wenn du vor Gericht musst, und man sieht Tattoos an deinem Hals oder an deinen Händen, dann hast du keine Chance.“ Daran halt ich mich.
Und auf welche anderen Requisiten der Coolness möchtest Du nie verzichten?
Zigarren und Scotch. McCallan’s pur und Chivas Regal gemixt