Bravo Goodbye
Die schwedische Band Friska Viljor sorgt mit einer Liebeskummerplatte für Begeisterungsstürme Ihr ganz privates Sommermärchen erlebten letzten Juli in Hamburg Daniel Johansson und Joakim Sveningsson. Die beiden Köpfe der Stockholmer Band Friska Viljor hatten kurz vorher in Schweden ihr Debütalbum „Bravo!“veröffentlicht. Eine Liebeskummer-Platte – beide wurden praktisch gleichzeitig von ihren Freundinnen verlassen -, die ungeachtet der etwas deprimierten Texte so mitreißend und positiv klingt wie eine haubitzenblaue Hochzeitsgesellschaft.
In Hamburg wollten Johansson und Sveningsson eigentlich nur ein bisschen Urlaub machen. Eventuell auf den Straßen des Schanzenviertels ein paar Songs spielen und den Plattenläden des Viertels das Album anbieten. Doch gleich im ersten Geschäft, „Back Records“, war man völlig begeistert von der Musik, die übrigens etwas an Arcade Fire erinnert. Spontan wurde für den Abend ein In-Store-Konzert arrangiert.
„Als wir in dem nur mit Kerzen beleuchteten Laden zu spielen begannen, war das unbeschreiblich schön. In meinem ganzen Leben habe ich mich noch nicht so glücklich gefühlt“, behauptet der Gitarrist Johansson ein halbes Jahr später- und noch immer leuchten seine Augen. Dem Publikum ging es offenbar ähnlich. Für die nächsten Tage wurden weitere Gigs ausgemacht, in zwei Kiez-Kneipen von St. Pauli und auf einer privaten Party: „Die sind dort total durchgedreht, einer hat sogar auf der tobenden Menge gesurft“, berichtet Joakim, der Sänger.
Seit diesen heißen Tagen haben Friska Viljor einen Lizenzvertrag mit Devil Duck Records, die das furiose Debüt „Bravo!“ nun endlich auch in Deutschland veröffentlichen. Eine kluge Entscheidung. Die elf Songs des Albums sind atemberaubend in ihrer Emotionalität und so reich an guten Melodien wie Schweden an Badeseen.
Nicht nur, weil Joakim Sveningsson beim Singen die Saiten einer Mandoline drischt, glaubt man einen dezenten Folk-Einfluss zu erkennen. Immer wieder stimmt die fünfköpfige Band bei ihren Konzerten wilde Lalalalala-Chöre an. Doch man findet auch betörend schöne, etwas entrückt wirkende Songs, wie „Goldfish“, die an die Traumwelten von Mercury Rev erinnern. Mit „Monday“ gibt es sogar einen – natürlich! – von Entfremdung und Einsamkeit handelnden Disco-Song.
Als Friska Viljor kürzlich mit der amerikanischen Band Eagle*Seagull auf Tour waren, standen da fünf wilde Gesellen in weißen Oberhemden auf der Bühne. Sveningsson sah mit seinen langen strähnigen Haaren aus, als habe man ihn soeben von einer Metal- oder Stoner-Band abgeworben. Wie ein Waldschrat stampfte er den Beat. Der Keyboarder war ein kleiner blonder Virtuose, der Schlagzeuger hatte gigantisch lange Koteletten, und für die Mädchen war der hübsche Daniel Johansson da, der in Stockholm mit Freunden ein kleines Studio betreibt, wo auch „Bravo!“ aufgenommen wurde.
Einen Moment lang glaubte man an diesem Abend, in einer besseren Welt zu leben, als Friska Viljor ihre Lieder spielten. Da war kein Fake, kein Kalkül, einfach nur gute Musik. Warum ist das eigentlich sonst oft so schwierig?