Brandt Brauer Frick – Tick, Trick und Track
Der nächste deutsche Exportschlager: Das Trio Brandt Brauer Frick spielt Technofunk mit großem Orchester - weltweit
Es klingt wie aus dem Computer und ist doch handgemacht. Sie wechseln vom Moog zum Bechstein, wie andere vom lila zum grünen Hemd. Analog und digital – die Grenzen verwischen.
Eine erlesene Helferschar haben Daniel Brandt (28), Jan Brauer (27) und Paul Frick (33) für ihr drittes Album „Miami“ zusammengetrommelt. Die Berliner Techno-Jazzer können nach gefeierten Auftritten in aller Welt – mal in Trio-Besetzung, mal als zehnköpfiges Ensemble – nun auf Musiker zurückgreifen, mit denen sie immer schon zusammenarbeiten wollten: Kollegen wie das Londoner Elektrosoul-Genie Jamie Lidell oder den Soundinnovator und Frank-Ocean-Koproduzenten Om’Mas Keith aus Queens, die Berliner New-Wave-Ikone Gudrun Gut oder die russische Deep-House-Diva Nina Kraviz. Die illustren Gäste übernehmen bei sechs der zehn neuen BBF-Stücke diverse Gesangsaufgaben – vom sphärischen Gehauche bis zum handfesten Crooning. Dadurch bekommt der fiebrig-funkige Orchestersound des seit fünf Jahren operierenden Komponistentrios eigenwillige Songstrukturen.
Der Titel „Miami“ bezeichnet dabei einen virtuellen Ort, in den „wohl jeder etwas anderes reininterpretiert“, sagt Paul Frick im bandeigenen Studio an der Neuköllner Sonnenallee. „Ein schön klingendes Wort, das unweigerlich Achtziger-Neunziger-Fantasien auslöst – von, Miami Vice‘ bis zum gerade angesagten Retrophänomen Yachtrock. Aber unser Miami ist halt hier im Studio entstanden.“ Und es lässt vielerlei Deutungen zu.
Sehr schön ist das frei fließende, aber dennoch tighte Zusammenspiel der beiden Ex-Wiesbadener (Brandt, Brauer) mit dem West-Berliner Frick. Eine Techno-Jazz-Orchester-Funk-Fusion, die weltweit Begeisterung auslöst. Vom Spezialprogramm der BBC bis zu Festivals in Polen oder Singapur. „DJ Gilles Peterson etwa hat uns sehr früh in seiner Radiosendung gespielt und uns stets weiter gefördert“, erzählen sie im Trio. In ihren Wortwechseln – der eine greift den Gedanken des anderen auf und führt ihn weiter – wirken sie wie die Tick, Trick und Track der Post-Elektronik. Etwas naseweiß, aber immer mit Spielwitz und unerwarteten Winkelzügen. Ein FC Barcelona der Popmusik.
Seit ihrem rund 600.000 Mal abgerufenen Video „Bop“, das Brandt Brauer Frick im Sommer 2009 gemeinsam mit der Kölner Kunsthochschule für Medien als durchgeknallten Schlagershow-Auftritt inszeniert hatten, basteln sie an ihrem digital-analogen Unterhaltungsprogramm. Wobei sie trotz aller Perfektion weniger die neue Kraftwerk-Jugend sind als vielmehr renitente Neffen des Schweizer Exzentrik-Duos Yello.
Recht einzigartig ist zudem ihr großes Ensemble-Format mit Harfe, Tuba, Cello und Geige, mit dem sie ihre Entwürfe in größeren Sälen ausbreiten. Zufälle des Künstlerlebens wollten es, dass sie diese recht teuren Produktionen ab Januar 2011 einfach mal ausprobieren konnten – unter anderem im Foyer der Londoner Tageszeitung „Guardian“.
„Wir haben nun im März das Glück mit Om’Mas Keith quasi als viertes Bandmitglied auf Europatour gehen zu können“, berichten BBF im bewährten Dialogstil. „Wir sind große Fans von ihm. Dafür hat sich doch das ganze Musikmachen schon gelohnt.“
20% Steve Reich
10% Jeff Mills
20% Johann S. Bach
20% Berghain
30% Funkadelic