Boss Hog – Hamburg, Markthalle
Es ist angerichtet. Cristina Martinez und ihr Gatte Jonathan Spencer, Kopf der Blues Explosion, Gründungsmitglied von Pussy Galore und New York-Underground-Hero, wieder einmal gemeinsam auf der Bühne. Die zentralen Fragen sind schnell zur Hand: Würden sie sich verliebte Blicke zuwerfen? Sich gegenseitig ansingen? Mehr als nur einen Hauch von Sex und echtem Glamour unter den knapp 800 Anwesenden versprühen?
Bereits bei „Chocolate“ aber zeigt sich, dass Boss Hog wirklich rocken, im Mittelpunkt immer Frau Martinez und in den ersten Reihen hingebungsvoll dreinblickende Twens zwischen Riot, Glamour und Ekstase. Cristina ist zwar nicht viel mehr als mal ein gelegendiches „thank you“ zwischen den Songs zu entlocken, doch dafür kann sie ein Charisma ihr Eigen nennen, das mühelos den ganzen Raum füllt.Jon bearbeitet derweil in gewohnt exzellenter Manier seine Gitarre. Als hätte man nicht schon vorher gewusst, dass dieses Ehepaar auf der Bühne eine Bank ist Dazu noch das signifikante Spiel des Keyboarders Mark Boyce und die stoische Ruhe des Bassisten Jens Jurgensen. Das Set umfasst einen formidablen Querschnitt der Boss Hog-Historie, erst spät folgen die beiden letzten Singles „Whiteout“ und das leider an Garbage erinnernde und daher viel diskutierte „Get It While You Wait“. Ersteres avanciert aufgrund der großartigen Vocals von Schlagzeugerin Hollis Queens die, wie schon auf der Platte, den Refrain übernimmt, zu einem Höhepunkt des Abends.
Im Zugabenblock dann das zu erwartende „I Dig You“ vom selbstbetitelten „Whiteout“: Vorgänget. Es knistert Spencer gibt sein lakonisches „I love you honey“ und die Martinez zielet „Yeah? Bring me some money!“ Beim letzten Song dann packt sie einen jungen Herrn aus der ersten Reihe am Kragen, um ihm die Textzeilen mitten ins verdutzte Gesicht zu singen. Just als dieser wieder frei atmen kann und sich grienend umdrehen will, um den Kumpels Bericht zu erstatten, hat die Mutter eines dreijährigen Sohnes ihn schon wieder am Schlafittchen gepackt Nach einer guten Stunde bereits ist Schluss, doch man ist nicht wirklich enttäuscht, denn Boss Hog haben in dieser kurzen Zeit aus dem Vollen geschöpft und Facettenreichtum bewiesen: Es geht nicht nur fies und dreckig, sondern auch stylish und grazil. Und am besten beides zusammen.