Bon Jovi: Die Energizer-Häschen des Rock
Optimismus und straighter Sound: Mit dem neuen Album "Crush" wollen BON JOVI an die Glanzzeiten von "Slippery When Wet" anknüpfen.
Um zwei Uhr morgens sind Bon Jovi mit dem Mastering des neuen Albums „Crush“ fertig geworden. Acht Stunden später sitzen sie in ihrem Homestudio in New Jersey vor einer Webcam, um weltweit Interviews zu geben. Zwischen zwei Gähnanfallen erzählen Jon Bon Jovi und Gitarrist Richie Sambora, dass sie sich darauf freuen, morgen nach L.A. zum Video-Dreh zu fliegen – „ungefähr so sehr wie darauf, ohne Betäubung alle Zähne gezogen zu bekommen.“
Tatsächlich ist die Stimmung ausgezeichnet Nach fünf Jahren gibt es endlich ein Album, das an die Glanzzeiten von „Slippery When Wet“ (1986) anknüpft. Nach dem eher traurigen Vorgänger „These Days“ sollte es diesmal eine „optimistische, dynamische Rock-Platte werden, die das Beste der Vergangenheit mit der Technik von heute verbindet. Bon Jovi 2000 eben.“ Songschreiben ist für das Team Bon Jovi/Sambora ungefähr so schwierig wie Luft holen. Wenn sie in einem Raum sitzen, klappt es einfach. „Wir haben den Zeitpunkt überschritten, an dem wir uns hätten trennen können. Wir mögen uns, wir haben Spaß zusammen und eine lange Geschichte. Nach so vielen Jahren bringt dich kein Grund der Welt mehr auseinander.“ Auch keine Soloalben – zumal, wenn sie nicht so viel verkaufen wie die gemeinsamen Werke. Jons „Destination Anywhere“ war nicht viel mehr als ein Achtungserfolg, Richies „Undiscovered Soul“ ging leider völlig unter. Trotzdem dachte die Band laut Sambora keine Minute daran, in Rente zu gehen:. „Für einige Fans sind wir der Soundtrack ihres Lebens – seit 17 Jahren. Das reicht als Daseinsberechtigung.“
Dieser läge kümmert es Bon Jovi weniger denn je, dass manche Leute immer noch die Pudelrocker von damals sehen, andere nur den perfekt ondulierten Frauenschwarm. „Wenn wir zu Beginn an Trends gedacht hätten, wären wir noch da? 1983 waren es Leute wie Boy George und Cyndi Lauper, die den Ton angaben. Gut, dass wir uns nicht so anzogen! Unsere Klamotten waren schlimm genug.“ Der große Pluspunkt der Band war ohnehin nie das blankgeputzte Image, sondern die Performance. Bon-Jovi-Gigs sind wie eine Meg-Ryan-Komödie: Man geht immer mit einem Lächeln nach Hause – trotz des geringen Aufwands, auf den Jon stolz ist: „Diese Band probt nicht. Niemals. Während einer Tour spielen wir vielleicht ein, zwei Mal zusammen.“
Zurzeit spielt Jon Bon Jovi in Hollywood, in „Pay It Forward“ neben Kevin Spacey und Helen Hunt. „Zwei Oscargewinner, das schüchtert einen schon ein. Aber es ist spannend, dass ich jetzt auch mal in solch einem großen Film mitmischen darf. Obwohl ich zugegebenermaßen nur eine ganz kleine Rolle habe!“ Die Hauptrolle spielt bei ihm allerdings immer noch die Band. Dass seine Kollegen und er inzwischen allesamt um die 40 sind und doch noch rocken, hätte er vor ein paar Jahren selbst nicht geglaubt „Wir sind wohl wie dieses Energizer-Häschen, das immer weiter läuft und gegen die Wand und weiter und weiter. Wir hören ganz einfach nicht auf.“