Böhmermann: Fynn Kliemann soll bei Maskenverkauf betrogen haben
Der DIY-YouTuber Fynn Kliemann soll die Käufer seiner Coronamasken getäuscht haben. Statt aus Portugal und Serbien stammten wohl viele von ihm vertriebene Masken aus Asien.
Fynn Kliemann hat nicht nur mit NIE (2018), POP (2020) und NUR (2021) drei überaus erfolgreiche Musikalben herausgebracht, sondern inszeniert sich auch gerne als liberaler Weltverbesserer, der aktiv auf Arbeitnehmerschutz, Klimaschutz und Soziales achtet. Sein Credo: durch faire Geschäftsideen die Welt ein Stück besser machen. Immer wieder stand der vielseits beschäftigte Mediendesigner, YouTuber, Musiker und Geschäftsmann aber auch schon für seine (Geschäfts-)Praktiken in der Kritik, zum Beispiel als er 2020 Handwerker mit Berufserfahrung suchte, die für 1-3 Monate Vollzeit auf seinem Hof arbeiten sollten, dafür aber kein Geld, sondern nur Kost und Logis erhalten sollten. Kritiker*innen erkannten in solchen Aktionen eine auch in der Start-Up-Szene weit verbreitete, liberale Doppelmoral, die schlechte Arbeitsbedingungen mit einem Weltverbesserungsethos kaschieren zu versucht.
Jan Böhmermann hat sich nun in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ intensiv mit den Geschäftspraktiken von Fynn Kliemann auseinandergesetzt. Im Zentrum der Sendung steht Kliemanns Engagement als Maskenproduzent. Zu Beginn der Coronapandemie vertrieb Kliemann Schutzmasken und stieg zu einem der größten Maskenlieferanten Deutschlands auf. Immer wieder betonte er dabei, dass die Masken in Europa unter fairen Arbeitsbedingungen produziert werden würden, so zum Beispiel in einem Instagram-Post vom 31. März 2020:
„Wir haben unsere Produktion umgestellt und stellen nun fair produzierte, wiederverwendbare Mundbedeckungen aus Europa, aus 100% Polypropylen, zur Reduzierung des Infektionsrisikos her. Die Maske kostet 1/10 von den Dingern der überteuerten Profitgeier und rettet ganz nebenbei Arbeitsplätze bei unserem Produzenten in Europa, der sonst aufgrund der Folgen der Ausbreitung des Coronaviruses [sic!] hätte schließen müssen.“
Betrugsvorwürfe gegen Fynn Kliemann
Allerdings stammten viele der als „europäisch“ deklarierten Masken, wie die Recherchen des „ZDF Magazin Royale“ nahelegen, gar nicht aus Europa, sondern aus Bangladesch und Vietnam. Ein Umstand, über den sich Fynn Kliemann und sein Geschäftspartner Tom Illbruck vom Unternehmen „Global Tactics“ laut veröffentlichen WhatsApp-Verläufen im Klaren gewesen sein sollen. Für die beiden lohnte sich demnach das Geschäft mit den asiatischen Masken: Die Produktionskosten für eine Masken soll zwischen 45 und 53,5 Cent gelegen haben. Verkauft hat der Musiker sie dann für Preise von bis zu 2,20 Euro. Damit könnte Kliemann mit seinem Geschäftspartner mehr als eine Million Euro Profit mit den asiatischen Masken erzielt haben. Nicht profitiert haben laut „ZDF Magazin Royale“ dagegen diejenigen, die die Masken nähten. Die Arbeiter*innen einer Fabrik in Bangladesch, in der Kliemann Masken produzieren ließ, sollen nur etwa 120 Euro im Monat verdient haben – etwa die Hälfte des Durchschnittslohns in Bangladesch.
Seht hier den Beitrag von Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“ im Stream:
Kliemann soll außerdem eine Charge beschädigter Masken, für die er aufgrund ihrer fehlerhaften Verarbeitungen nichts bezahlt hatte, an Flüchtlingcamps „gespendet“ haben. Dabei soll er sich darüber bewusst gewesen sein, dass die beschädigten Masken kaum eine Schutzwirkung hatten und sie selbst in einem Chat als „falsche Masken“ bezeichnet haben. Medial ließ er sich für die noble Schenkung feiern.
Stellungnahme des Musikers auf Instagram
Das „ZDF Magazin Royale“ hatte Kliemann im Vorfeld der Sendung einen Fragenkatalog zu den Vorwürfen geschickt. Kliemann beantwortete die Fragen bereits am ersten Mai in einem fast halbstündigen Instagram-Video. Auch in dem Video behauptet Kliemann, dass die von ihm vertriebenen Masken ausschließlich in Portugal und Serbien unter guten Arbeitsbedingungen produziert worden seien. Die Recherchen des „ZDF Magazin Royale“ widersprechen ihm in diesem Punkt. Das vollständige Rechercheergebnis hat das „ZDF Magazin Royale“ auch schriftlich zusammengefasst und online veröffentlicht.
Die neue Ausgabe des „ZDF Magazin Royale“ soll am 6. Mai 2022 um 23 Uhr im ZDF-Hauptprogramm ausgestrahlt werden. Im Stream ist der Beitrag über Fynn Kliemann, siehe auch oben, bereits verfügbar.